Gestern bin ich mal wieder zu einer meiner langen Runden aufgebrochen. Ich grase ja immer die gleiche Gegend ab, da mein Aktionsradius ohne Auto eh begrenzt ist und die Überlandbusse noch nicht fahren. Immerhin, die Stadtbusse fahren, so bin ich in den Aussenbezirk von Antequera gefahren, hinter dem Industriegebiet und in der Nähe des Krankenhauses. Von dort geht ein Wanderweg zu einem Aquädukt (habe ich, glaube ich, schon mal gezeigt).
Auf der anderen Seite des Baches geht ein Pfad - von Weg kann man nicht mehr sprechen, am Hang entlang und parallel zum Bach. An einer Stelle windet sich der Pfad um einen Felsen - und plötzlich brauste etwas an mir vorbei und landete in Augenhöhe und Armeslänge entfernt.
Ich hatte vorher Federlibellen (Platycnemis latipes) fotografiert und musste meine Augen erst neu fokussieren. Tatsächlich: Boyeria irene!
Ich habe sie mehrere Minuten ausgiebig fotografiert, bevor mir auffiel, dass keine 20 cm entfernt noch eine weitere saß! (Soviel zum unverdienten Lob von Sabine, dass ich sie überhaupt entdeckt hätte). - Seht ihr beide??
Dann dachte ich an die Falkenlibelle Cordul(i)a von Sigurd und mir fiel auf, dass es ziemlich viele Insekten mit Frauennamen gibt. So kam die Idee zu diesem Post.
Dieses virtuelle Kaffekränchen zusammenzustellen, stellte sich dann doch schwieriger heraus als gedacht.
Die Pyronia-sisters waren zwar gleich zur Stelle. Da hatte ich vorher schon mehrere gesehen und gedacht: kannst ja nicht immer das gleiche fotografieren!
Pyronia cecilia:
Von den Schwestern Melanargia wollte ich eigentlich Ines treffen, habe aber nur Lachesis erwischt. (Ja, das ist auch ein Frauenname!)
Melanargia lachesis:
Cleopatra gaukelte nur an mir vorbei und war zu keinem Fotoshooting bereit. (Gonepteryx cleopatra - Mittelmeer-Zitronenfalter)
Und Iris und Sylvia hätten das gesellige Beisammensein vielleicht doch gestört. (Iris oratoria - Mittelmeer-Gottesanbeterin; Gattung Sylvia - Grasmücken (Vögel)
Aber das absolute Highlight war dieses Viech. Seine langen Antennen mit den Knöpfchenenden weisen es eindeutig als Verwandten der Schmetterlingshafte aus. Wobei ich nicht weiß, ob mit "Schmetterlingshaft" die Gattung Libelloides oder die ganze Familie Ascalaphidae gemeint ist. Hätte es einen deutschen Namen, wäre es sicher auch irgendein "Haft".
Bubopsis agrionoides
Ich habe nachgelesen. Sie sitzen immer so mit Flügeln zur Seite geklappt und Abdomen hochgereckt, sind vorwiegend nachtaktiv und machen Jagd auf andere Insekten, die sie im Flug erbeuten. Nach zwei Fotos brauste es davon.
Das meiste hiervon spielte sich auf den ersten unwegsamen vier Kilometern ab. Zweimal muss der Bach gequert werden. (Immer wenn ich an den Bach kam, habe ich mein T-Shirt ausgezogen, eingeweicht und nass wieder angezogen. Das gibt etwa eine Viertelstunde Erfrischung.)
Dann geht der Weg durch einen Kiefern"wald".
Plötzlich stiegen neben mir mit viel Flügelgeschlage zwei Rothühner (Alectoris rufa) senkrecht in die Luft. Fast hätte es noch eine Bruchladung in der nähest stehenden Kiefer gegeben. Schade! Von dem fehlt mir immer noch ein gutes Foto.
Schließlich landete ich an der Quelle unseres Baches, Nacimiento de la Villa. Das ist auch ein Naherholungsgebiet mit Picknickgelände und Spielplatz und am Wochenende braucht man da gar nicht hin. Aber auch gestern waren mehrere Gruppen Jugendliche da - die Corona-Ferien sind ja nahtlos in die Sommerferien übergegangen - Radios plärrten und man planschte am Wasser. Keine Chance auf Bachschildkröten oder Vipernattern. Immerhin habe ich am Wasserhahn meine Wasserflasche gefüllt und das T-Shirt nass gemacht.
Und blühende Eselsdisteln gab es - mit vielen Besuchern.
Megascolia bidens - Mammut-Dolchwespe oder so ähnlich - ist wirklich ein beeindruckendes Tier, aber völlig harmlos.
Gastrhaema rufiventris - habe ich endlich auch bestimmt, ist ein Endemit aus Andalusien, eventuall sogar aus Málaga.
Und Tilloidea transversalis kenne ich erst seit zwei Wochen - und hier waren auf einmal die Disteln voll davon. Ein typisches Disteltier, das in den Blüten anderen Insekten - wohl vor allem Ameisen - auflauert.
Für den Nachhauseweg habe ich mich für die leichte Variante auf der Landstraße und dann am Bach entlang entschieden. Die Alternative wäre auf Feldwegen durch Olivenhaine, Kiefernwälder und Macchia gewesen, aber das geht immer bergauf und -ab, das war mir zuviel. Schade. In der Gegend hatte ich das letzte mal einen Pirol gesehen. Na ja, man kann nicht alles haben. Nach 14,5 km und 9 Stunden war ich völlig platt, verschwitzt, zerkratzt und zerstochen, aber glücklich wieder zu Hause.