• Im Jahr 2013 war ich für zwei Monate in der Schweiz, um meine Abschlussarbeit zu schreiben. Ich untersuchte dabei die Artenvielfalt von ca. 80 Wiesen im Val Müstair im Osten von Graubünden.

    Da der letzte Versuch aufgrund von Reisebeschränkungen zur Corona-Zeit nicht geklappt hatte, waren es nun genau zehn Jahre, als ich 2023 endlich wieder da war. Dieses mal als reiner Erholungsurlaub, aber natürlich mit starkem naturkundlichen Interesse.

    Da ich mit dem Tal immer noch sehr verbunden bin, möchte ich euch dieses hier in einem etwas ausführlicheren Reisebericht vorstellen. Zumindest habe ich mir das schon seit einem halben Jahr vorgenommen und mache jetzt mal den Anfang!

    Das Val Müstair ist von Norddeutschland aus betrachtet nicht gerade das nächstgelegene Reiseziel. Selbst wenn man die Alpen erreicht hat, muss man noch einige Stunden fahren. Daher haben wir jeweils Zwischenübernachtungen eingeplant.

    Auf der Hinfahrt war dies am 10. Juni in Rothenburg ob der Tauber. Eine Stadt in Franken mit gut erhaltener Altstadt. Dementsprechend haben wir am Abend noch einen kleinen Rundgang unternommen. Hier ist ein Eindruck von der Stadtmauer, auf der man noch vollständig rundlaufen kann - immerhin ca. 4 km!

    An der Mauer wachsen auch einige typische Arten, z.B. die in Norddeutschland gefährdete Mauerraute (Asplenium ruta-muraria).

    Schließlich waren wir am Rathaus angekommen, wo eine Stadttaube (Columba livia var. domestica) sich am Brunnen erfrischte. Keine besondere Art, aber durchaus ein lohnendes Fotomotiv:

    Jetzt sind wir zwar noch nicht mal in der Schweiz angekommen, aber für heute soll es das auch schon gewesen sein. Ich melde mich demnächst wieder mit den ersten Eindrücken aus den Alpen... Ich hoffe, ich konnte etwas Interesse wecken und benutze diesen Beitrag somit auch als Platzhalter für alles, was es in den darauf folgenden zwei Wochen noch zu entdecken gab.

  • Ich bin schon sehr gespannt! Die trinkende Taube ist wirklich ein schönes Foto.

    Viele Grüße

    Addi

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    "In den kleinsten Dingen

    zeigt die Natur

    ihre größten Wunder."

    Carl von Linné (1707 - 1778)

  • Der 11. Juni war dann auch noch einmal ein kompletter Reisetag. Nachdem der Stau in Österreich immer länger wurde, entschieden wir uns für die westliche Route. Mittagspause war dann am Bodensee.

    Hier gab es dann Muscheln - nicht einheimisch und nichts besonderes. Aber #Neu4me - Grobgerippte Körbchenmuschel (Corbicula cf. fluminea).

    In der Schweiz stand dann bald der Flüelapass auf dem Programm. Mit 2.383 m hat der es auch durchaus in sich! Der Weg war sehr kurvig, wurde immer schmaler und oben lag Schnee.

    Dort gab es dann auch schon die ersten botanischen Highlights. Die Ganzblättrige Primel (Primula integrifolia) ist ebenfalls #Neu4me.

    Das Val Müstair ist das östlichste Tal der Schweiz. Um da hin zu kommen, muss man von Zernez aus erst den Schweizerischen Nationalpark durchqueren und dann noch über den 2.149 m hohen Ofenpass. Die untere Hälfte des Tals gehört auch schon zu Südtirol.

    Wir haben im Nationalpark dann noch eine letzte kurze Trinkpause gemacht. P3 "Vallun Chafuol" ist zwar nur ein öder Schotterparkplatz, doch auch da gab es einiges zu entdecken. Als kleine Auswahl hier zuerst Kronwicken-Dickkopffalter (Erynnis tages) - #Neu4me

    Und als zweites Heideland-Tagspanner (Ematurga atomaria) - ebenfalls #Neu4me

    Im Val Müstair (deutsch: Münstertal) angekommen war dann noch ein Abendspaziergang durch Müstair (den Ort) drin. Hier ein Blick auf den Piz Lad im Abendlicht:

    Unter den Pflanzen gab es dann schon einige alte Bekannte, die ich seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte. Zu meinen absoluten Favoriten gehört dabei die Akeleiblättrige Wiesenraute (Thalictrum aquilegiifolium) - ein echter Hingucker mit den pinken Puschelblüten!

    Mit einer Nahaufnahme des Piz Lad schließe ich dann diesen Post ab. Mehr kommt bald!

  • Im Tal angekommen werdet ihr von jetzt an mit Pflanzen überschwemmt! Zum Einstieg noch mit Faltern drauf. ;) Hier Saat-Esparsette (Onobrychis viciifolia) mit Gelbwürfeligem Dickkopffalter (Carterocephalus palaemon) - letzterer war #Neu4me.

    Gefunden am Freizeitgelände "Plazzöl", in der Aue des das Tal durchfließenden Rombachs. An gleicher Stelle habe ich auch einen Hauhechel-Bläuling (Polyommatus icarus) auf Berg-Klee (Trifolium montanum) fotografiert.

    Sowohl Favorit als auch alte Bekannte ist die Trollblume (Trollius europaeus).

    Die Wanderung führte dann weiter zur Cascada da Pisch, dem größten Wasserfall des Tals. In der feuchten Schlucht wachsen einige Arten, die andernorts im Tal selten sind. Zum Beispiel Rundblättriger Steinbrech (Saxifraga rotundifolia) - #Neu4me

    Oder Alpen-Waldrebe (Clematis alpina).

    Oder Platanenblättriger Hahnenfuß (Ranunculus platanifolius) - #Neu4me

    Hier noch ein Stimmungsbild vom Wasserfall:

    Später im Wald gab es einige weitere schöne Pflänzlein. Unter anderem das Katzenpfötchen (Antennaria dioica) - immer wieder skurril...

    Oder die unscheinbare, aber sehr schöne Einbeere (Paris quadrifolia).

    Aus dem Wald heraus ging es durch die Wiesen nach Santa Maria Val Müstair, dem nächsten Ort im Tal. Über die Wiesen habe ich ja meine Abschlussarbeit geschrieben und ihre Vielfalt und ihr Kräuterreichtum ist immer wieder beeindruckend. Der Zeitpunkt war auch gut gewählt, im unteren Talbereich standen sie in voller Blüte, aber waren noch nicht gemäht. Hier mal ein kleiner Eindruck:

    Das soll es vorerst wieder gewesen sein - bis bald!

  • Wunderschöne Eindrücke!

    Viele Grüße

    Addi

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  • Am 13. Juni fuhren wir mit dem Postauto nach Tschierv, um den Weg 'A la riva dal Rom' zu wandern. Der Rombach entspringt kurz oberhalb Tschiervs (1.730 m) und durchfließt dann alle im Tal gelegenen Ortschaften: Fuldera (1.638 m), Valchava (1.440 m), Santa Maria (1.375 m) und Müstair (1.273 m) in der Schweiz. Auf italienischer Seite kommt dann noch Taufers (1.250 m), bevor der Bach bei Glurns in die Etsch mündet (920 m). Wir sind bis nach Santa Maria gelaufen.

    Im oberen Talbereich sind die Wiesen sogar noch artenreicher als in Müstair. Hier ist nochmal ein Ausschnitt:

    Der Wanderweg startet an den ersten Rinnsalen des Rombachs.

    In diesem Bereich kommen teilweise noch Pflanzen höherer Lagen vor, die weiter unten im Tal nicht mehr wachsen. Zum Beispiel das Gewöhnliche Fettkraut (Pinguicula vulgaris) - #Neu4me

    Hier konnte ich auch meinen ersten Grünen Zipdelfalter (Callophrys rubi) fotografieren - #Neu4me

    Der Bach gewinnt schnell an Größe. Hier im unteren Tschierv:

    Hier darf er auch relativ frei fließen.

    Am Wegrand hübsch nebeneinander saßen Schlüsselblumen-Würfelfalter (Hamearis lucina) und Mohrenfalter (Erebia cf. medusa).

    Der Bereich vor Fuldera wurde vor ca. 15 Jahren renaturiert. Das Bachbett wurde verbreitert und der Aushub auf die Wiesen aufgetragen, sodass diese trockener wurden. Trotzdem wird hier nicht intensiv gewirtschaftet und die Wiesen sind schnell bunt geworden. Die Büsche am Bach sind seit meinem letzten Besuch deutlich größer geworden!

    Fuldera wird von einem Gehölzriegel durchtrennt, durch den ein kleiner Bach von den Bergen runter in den Rombach fließt. Der ist auch sehr hübsch!

    Hier noch einmal eine recht steile Wiese unterhalb von Fuldera:

    Teilweise führt der Wanderweg auch etwas nach oben am Berghang lang, wie hier oberhalb von Valchava:

    Immer wieder gibt es besondere Pflanzen und Tiere zu beobachten, wie diesen Goldstaub-Laubkäfer (Hoplia argentea) - #Neu4me

    Bei Santa Maria ist der Bach schließlich schon ordentlich breit. Und immer wieder kommen kleine und große Zuläufe von den Seiten hinzu.

    Leider haben die Planungen zur Errichtung eines Wasserkraftwerks auf italienischer Seite wieder Fahrt aufgenommen. Es wäre wirklich eine Schande, dieses tolle Gewässer zu verbauen! :cursing:

  • Am 14. Juni sind wir vom romanischsprachigen Teil der Schweiz in den deutschsprachigen Teil Italiens gefahren: nach Mals im Vinschgau. Dort war es dann auch gleich mal knalleheiß, sodass wir uns in den Wald verzogen haben und einen Waalweg gelaufen sind. Waale haben hier nichts mit Meeressäugern zu tun, sondern sind alte, hangparallel laufende Grabensysteme, die früher zur Bewässerung angelegt wurden. Daher kann man an ihnen entlang sehr gut relativ steigungsarm laufen.

    Der Zielpunkt war ein kleiner Park im Wald. Hier gab es einen sehr üppigen Kiefern-Braunporling (Phaeolus schweinitzii) zu bewundern.

    Im angrenzenden Wald wuchs auch Spargelerbse (Lotus maritimus). Die kannte ich bisher nur von der Ostseeküste...

    Auf dem Rückweg haben wir noch an der Rombach-Mündung angehalten. Hier ist er in seinen letzten Metern:

    Und die Stelle, an der er sich mit der Etsch vereint. Die Etsch kommt von links hinzu und man kann das deutlich braunere Wasser erkennen...

  • Ich fühle mich ein bisschen wie Maus Frederick. Ich sammle Farben für den Winter. :19:

    Das ist Dir bestens gelungen! Wunderschön!

    Viele Grüße

    Addi

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    Carl von Linné (1707 - 1778)

  • Und so viele "neu für dich"s. Das hat sich ja ordentlich gelohnt für dich und war ohne Zweifel ein toller Urlaub.

    Jetzt bin ich kurz am Zweifeln, ob es für dich eine dienstliche Reise war. .

    Herzliche Grüße
    Batia

  • Am 15. Juni hatten wir die Möglichkeit, ohne Kind loszuziehen. Also los, ab ins Hochgebirge! :) Ziel war der Piz Terza (2.909 m), ein Berg, den ich beim letzten Mal aufgrund des Wetters nicht bestiegen hatte.

    Mit einmal umsteigen ging es mit dem Postauto nach Lü. Das ist eine Ortschaft, die auf einer Bergterrasse oberhalb des eigentlichen Tals liegt. Mit 1.920 m war Lü bis 2008 die dritthöchstgelegene politische Gemeinde der Schweiz. 2009 wurden dann jedoch alle Orte des Tals zu einer Gemeinde zusammen gelegt.

    Der Weg ging zunächst über Forstwege konstant bergauf. Im unteren Bereich waren bereits Kühe auf den Flächen.

    Dort gab es auch ein Wiedersehen mit der Gelben Alpen-Küchenschelle (Pulsatilla alpina ssp. apiifolia).

    Schnell wurde der Bewuchs aber spärlicher, sodass es für das Vieh noch nicht lohnte. Dafür waren andere Tiere unterwegs.

    Und auch einige Schmetterlinge gab es. In dieser Höhenlage mit am häufigsten war Metaxmeste phrygialis, ohne deutschen Namen und #Neu4me

    Auch die Pflanzen wurden sonderlicher, so wie dieser Alpen-Brandlattich (Homogyne alpina) - #Neu4me

    Sorry, dieses Mal wieder mehr Pflanzen. Gewöhnliches Alpenglöckchen (Soldanella alpina) ist immer wieder schön.

    Ich hatte schon gedacht, die Frühlings-Küchenschellen (Pulsatilla vernalis) wären bereits alle verblüht. Doch je höher wir kamen, desto frischer sahen sie aus. Und oberhalb der Fuorcla Sassalba (2.618 m) waren sie noch in voller Blüte!

    Ansonsten waren dort allerdings nur noch wenige Pflanzen zu finden. Zum Beispiel Gegenblättriger Steinbrech (Saxifraga oppositifolia) - #Neu4me

    Leider nahmen im Gegenzug die Schneefelder zu. Da wir das Gelände nicht kannten und es schon relativ spät war, war dann cirka 100 Höhenmeter unterhalb des Gipfels Schluss für uns.

    Zwar trafen wir noch eine Einheimische, die bis oben gelaufen war, aber für uns wohl trotzdem die richtige Entscheidung. Immerhin war der Ausblick von hier auch schon sehr schön.

    Leider mussten wir nun einen Umweg laufen, um zum Ziel abzusteigen. Dafür gab es noch mehr Pflanzen zu sehen. Gletscher-Petersbart (Geum reptans) - #Neu4me

    Echte Mondraute (Botrychium lunaria) - #Neu4me und im Vordergrund noch auf dem Bild Masslieb-Ehrenpreis (Veronica bellidioides) - ebenfalls #Neu4me

    Nicht neu, aber sehr hübsch sind sowohl Alpen-Kratzdistel (Cirsium spinosissimum)...

    ...als auch Alpen-Leinkraut (Linaria alpina).

    Überlaufen ist die Gegend nicht, es gibt auch nur wenige bewirtete Hütten. Hier hatten wir aber Glück und konnten auf dem Rückweg noch eine kleine Einkehr am Bergrestaurant Terza einlegen.

    Im Abendlicht erreichten wir dann wieder Müstair.

  • Ein toller Urlaub! So schön aufbereitet lasse ich mir auch Pflanzen gefallen. :28:

    Liebe Grüße
    Susanne

    "Ach, die Welt ist so geräumig, und der Kopf ist so beschränkt!" (Wilhelm Busch)

    Tierartenliste 2024 gesamt: 424, neu: 42, Vögel: 107, Nachtfalter: 84, Disteltiere: 49

  • :love:

    Viele Grüße

    Addi

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    ihre größten Wunder."

    Carl von Linné (1707 - 1778)

  • Und den "Kinderfreizeit"-Tag habt Ihr ja komplett genutzt! Wieder so viele Neu-für-michs. Und im Gegensatz zu dir finde ich diese Schneefelder oben am Gipfel besonders schön, und auch der Umweg hat ja noch so einige Überraschungen für Euch parat gehabt.

    Danke, dass wir den Urlaub mit-nacherleben dürfen!

    Herzliche Grüße
    Batia

  • Lieber Adrian,
    was für eine unglaublich schöne Landschaft ihr dort genießen konntet. Diese Wiesen sehen so aus wie man sich eine schöne Wiese vorstellt. Dieses Bunt, diese Farben, wirklich superschön. Beeindruckend finde ich auch die zahlreichen Pflanzen und Tiere, die für dich neu waren. Dass du die Metaxmeste phrygalis fotografieren konntest... die sind so unglaublich wuselig und setzen sich kaum jemals hin. Und wenn doch, dann muss man wegen ihrer Kleinheit näher ran, sprintet los, bückt sich, und schwupps sind sie schon wieder weg. Der Gletscher-Petersbart stünde auf meiner Wunschliste. Überhaupt fällt auch auf, dass durch die unterschiedlichen Höhenlagen frühe Arten noch da waren (z.B. Callophrys rubi) und später auftauchende schon zu finden waren.

    Da kommt jetzt so richtig Fernweh nach den Bergen auf. Ich bin gespannt auf die Fortsetzungen.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Hallo, vielen Dank für die lieben Worte.

    Es waren viele schöne Arten dabei, ja. Ich zeige deshalb auch nicht alle. Insgesamt komme ich auf ca. 140 neue Arten und unzählige bereits bekannte, die aber bei uns im Norden entweder selten oder gar nicht vorhanden sind. Die 'Neu-für-michs' werden daher bleiben. ;)

    Ja, Sabine. 2013 kannte ich es noch nicht so viel anders. Aber dieses Mal hatte ich das Gefühl, dass die Wiesen auch für die Alpen noch besonders bunt sind. Vielleicht auch kein Wunder bei über 90 % Büro-Landwirtschaft im Tal. Deshalb ist es auch Biosphärenreservat.

    Witzig, dass dir an den Faltern auffällt, was ich vor allem an den Pflanzen gemerkt habe. Jetzt müsste ich eigentlich doch noch mal Anfang Mai wiederkommen und nachsehen, ob Callophrys rubi dann auch unten im Tal anzutreffen ist! ^^

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