Fund Zartschrecke

Hallo Herrmann,
auf jeden Fall ein interessanter Fund und von mir auch noch nie gesehen. Glückwunsch!

Aber wenn man etwas bestimmt, was es eigentlich in der gefundenen Gegend gar nicht geben soll, ist Vosicht angesagt.
Ich finde Schrecken schrecklich schwierig. Weshalb schliesst du die Laubholz-Sägeschrecke aus? Und wenn man dann unter der Laubholz-Säbelschrecke liest: " Es besteht Verwechselungsgefahr mit der Punktierten Zartschrecke (Leptophyes punctatissima)" dann wird es gleich nochmals schwieriger. Letztere soll übrigens ähnlich der Gestreiften Zartschrecke (Leptophyes albovittata) sein...
Vielleicht kommt ja ein Spezialist vorbei, der die Unterschiede erklären kann.
Jedenfalls ist es eine weibliche Sichelschrecke (Phaeneropterinae).

Lieber Hermann,
ich freue mich mit dir und für dich über dieses für dich neue Tier. Sehr schön lässt du uns daran teilhaben, wie du dem Namen auf die Schliche gekommen bist. Dabei fandest du bei der Laubwald-Säbelschrecke (Barbitistes serricauda) eine Sackgasse vor und hast dich für die Nadelwald-Säbelschrecke (Barbitistes constrictus) entschieden. Ich muss dir Respekt zollen, dass du so schnell fündig wurdest. Aber wir haben ja auch das Internet mit seinen schier unendlichen Informationsquellen zur Verfügung.

Im September 1987 fand ich in meiner Wahl-Zweitheimat im Salzburger Land selbst eine Heuschrecke, die sich jahrzehntelang einer Bestimmung widersetzte. Auch die studierte Biologin und Schwester eines früheren Arbeitskollegen konnte nicht weiterhelfen. Als das Internet sich in immer mehr Privathaushalten breit machte, fand sich die Naturhistorische Gesellschaft in Nürnberg, die mein eingescanntes Foto als Nadelholz-Säbelschrecke bestimmte.
Weitere Funde der Säbelschrecke vom Juli 2002 und 27.08.2007 stecken als Fotos in meinem Archiv.
Als ich dann Mitglied in der Entomologischen Arbeitsgemeinschaft am Haus der Natur in Salzburg wurde, wurden die bis dato getätigten Funde den Kollegen zur Verfügung gestellt. Bei der Heuschrecken-Spezialistin erntete ich leider nur Kopfschütteln, denn die Nadelwald-Säbelschrecke sei aus dem Bundesland Salzburg nicht bekannt, die Bestimmung nicht trivial und selbst wenn es eine wäre, käme das einer Sensation gleich. es ist eben überaus unwahrscheinlich, dass man ein Tier hunderte Kilometer vom nächsten Fundort entfernt findet.

Bringen Sie mir ein totes Tier, lautete die Devise. Das konnte ich tatsächlich abliefern, als ich nach einem frühen Wintereinbruch am 25.09.2015 ein totes Männchen fand und zur Sitzung der Entomologen mitnahm. Dies stellte sich als eindeutige Laubwald-Säbelschrecke (Barbitistes serricauda) heraus, und für die Heuschrecken-Kollegin war die Welt wieder in Ordnung.

Dass die Nadelwald-Säbelschrecke in Niedersachsen nicht nachgewiesen ist, hast du selbst herausgefunden.
Artportrait Nadelwald-Säbelschrecke: http://www.orthoptera.ch/arten/item/bar…?category_id=36
Es gibt aber einige wenige Funde der Laubwald-Säbelschrecke in Niedersachsen. So wäre dein Fund eher dort einzusortieren. Hach, und bei der Art kann ich ja eigene Bilder beisteuern.

Artportrait Laubwald-Säbelschrecke: http://www.orthoptera.ch/arten/item/bar…?category_id=36
Die Laubwald-Säbelschrecke ist gefleckt, nicht punktiert. Außer der mittigen Rückenlinie gibt es noch eine gelbliche Seitenlinie: Hier ein Männchen:

Du hast ein Weibchen gefunden, und der namensgebende "Säbel" ist der Legebohrer. Der sieht bei der Laubwald-Säbelschrecke so aus:

An der Spitze ist der Legebohrer deutlich gezähnt. Auch die gelbe Seitenlinie ist hier zu sehen. Genau diese Merkmale sind auf deinen Heuschreckenfotos nicht vorhanden. Die beiden rötlichen Hinterleibsanhänge (roter Pfeil) sind länger als sie bei deinem Weibchen sind. Also doch keine Säbelschrecke.

Ich halte deinen Fund für die weit verbreitete Punktierte Zartschrecke (Leptophyes punctatissima), mit der die Säbelschrecken leicht verwechselt werden können.
Artportrait der Punktierten Zartschrecke: http://www.orthoptera.ch/arten/item/leptophyes-punctatissima

Die Laubwald-Säbeschrecke hat übrigens in größeren Abständen weiße Knoten in den Fühlern, die bei deinem Fund ebenfalls fehlen.

Jetzt habe ich dir ein kleines bißchen Wermut in deinen Fund gekippt, aber ich denke, du darfst dich trotzdem über deinen Fund freuen. So ich muss jetzt zum Abendbrot.

Edit: Susanne (Kazimir) war schneller, aber ich habe auch 90 Minuten dran geschrieben.

Liebe Sabine,
ich war vielleicht schneller, aber du dafür bewanderter und sehr viel ausführlicher! Und mit eigenem Bildmaterial.

Ich habe keine Ahnung von Schrecken - bis zur Unterfamilie komme ich zur Not, aber bei mir schellen die Alarmglocken, wenn man etwas bestimmt hat, was dort eigentlich nicht vorkommt.