Morgendliche Sichtung Europas weitverbreitesten Großtiers

  • Hallo an alle,

    ich spreche natürlich (leider) von Capreolus capreolus, dem europäischen Reh. Vor ein paar Wochen an einem Sonntag Morgen hatte es geregnet und das Grün der Pflanzen war besonders satt und kräftig. Da sah ich zufällig eine Rehkuh mit ihrem Kitz, als sie am Waldrand etwa 200 Meter entfernt ästen. Dachte mir, diese Photos könnte ich ebenfalls hier teilen:

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    Rehe sind die letzten größeren Säuger, die man in der stark kultivierten Landschaft Mitteleuropas frei und flächendeckend beobachten kann. Es ist sehr schön, ihren jahreszeitlichen Rhythmus verfolgen zu können (obwohl brünftige Auerochsenbullen, die sich hinterm Vorgarten gerade bekämpfen, natürlich viel beindruckender wären).

    Rehe sind heute die größten und häufigsten Großtiere Mitteleuropas, dabei waren sie niemals besonders häufig in Europa und gehörten immer zu den kleineren. Tatsächlich war es erst die Jägerei, die das Reh in den letzten Jahrzehnten so häufig machte - natürlicherweise wird der Rehbestand primär durch Witterung und Nahrungsangebot, Raubtiere, Krankheiten und Konkurrenz anderer großer Herbivoren niedrig gehalten. Doch der Mensch hat nach und nach all diese Faktoren ausgeschaltet: Die Konkurrenzpflanzenfresser sind schon lange ausgerottet oder verdrängt, die Raubtiere eliminiert, winterliche Zufütterung und Abschuss kranker Tiere hält die Population noch dazu sehr hoch. Warum das ganze? Weil Jagd ein wirtschaftlicher Faktor ist; paradox mutet es daher an, wenn erklärt wird, die Jagd muss regulierend eingreifen, um den Wald vor dem Wild zu "schützen". Vergleichbar mit einem Feuerwehrmann, der Feuer legt, um mit der Löschung zu brillieren.
    Rehe und Hirsche sind durch die Kultivierung der Landschaft in ein für sie eigentlich eher untypisches Habitat gedrängt: der Wald. Es handelt sich eher um Bewohner offenerer Flächen, insbesondere Hirsche mit ihren großen Geweihen. Noch dazu macht Jagd die Tiere unnatürlich scheu, was den möglichen Lebensraum zusätzlich eingrenzt. Denn es ist nicht von vornherein gegeben, dass Wildtiere Scheu vor dem Menschen zeigen. Dies ist in Schutzgebieten, wo die Verfolgung eingestellt wurde, zu sehen; dort kann man Arten problemlos nahe kommen, die andernorts längst die Flucht ergriffen hätten.

    Es zeigt sich daher, dass das moderne Bild des Rehs - vom scheuen aber alleinig häufigen Waldbewohner - keineswegs dem entspricht, was einst Natur war. Eher war das Reh eines unter vielen Arten des Großwilds, dass halb offene Landschaften besiedelte. Ich hoffe sehr, dass es eines Tages ein Schutzgebiet gibt, welches groß genug ist, so etwas ähnliches wieder herzustellen.

    LG,

    Allosaurus


  • ...
    Rehe sind heute die größten und häufigsten Großtiere Mitteleuropas, dabei waren sie niemals besonders häufig in Europa und gehörten immer zu den kleineren.
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    Moin,

    also ich wüßte da schon noch einige andere mitteleuropäische Wildtierarten, die deutlich größer als ein Reh sind ...


    Schönen Gruß

    Peter

  • Selbstverständlich, darauf wollte ich im Post hinaus; ich habe davon gesprochen, dass das Reh das einzige heutige Großtier in Mitteleuropa ist, dass mit einer flächendeckenden Population in soliden beständen vorkommt, was alles andere als ein "Naturzustand" ist, wie ich ja auch später im Post erkläre.

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