Ein Zeugnis der Entstehung des Oberrheingrabens

  • Hallo miteinander,


    in der vergangenen Woche war ich wieder einmal auf Mandelblütensuche an der Weinstraße bei Wachenheim/Deidesheim.

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    Da sehr viele Menschen unterwegs waren, verließ ich die Hauptwege und stieß in einem Hohlweg auf etwas für mich sehr Interessantes. Zunächst glaubte ich, eine dicke Löss-Schicht vor mir zu haben und guckte nach Insektenröhren. Dann kam ich zu einer Art Naht, nach der die Erdschicht wesentlich gelber war und senkrecht verlief.
    Diese Naht der blasseren Löss-Schicht links und der gelberen Sandstein-Schicht rechts verläuft auf meinem Foto genau in der Mitte (etwas schräg von oben rechts nach unten links). Auf meinen Fotos ist jeweils der Rheingraben links und das Randgebirge (mit Wald) rechts.


    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/21158458sx.jpg]


    Dort fand ich eine Tafel mit folgender Erklärung:

    “Junge Bewegungen

    An der Stelle, wo der ockerfarbene Buntsandstein gegen den eiszeitlich gebildeten Löss grenzt, verläuft die Rheingrabenrandverwerfung. Der Löss, links von der Verwerfung, sank ab, während der Sandstein stehen blieb. Das hat zur Folge, dass zwei ganz unterschiedliche, verschieden alte Gesteine aneinander grenzen.

    Die Sandsteinschichten, die am Waldrand noch geradlinig verlaufen, werden mit Annäherung an die Verwerfung gleichsam “gekräuselt” und biegen plötzlich nach unten ab, als ob sie in die Tiefe gerissen würden. Die in den Rheingraben sinkenden Gesteinspakete zerrten an dem stehen gebliebenen Block und verformten seinen Rand auf eindrucksvolle Weise.

    Durch die Abwärtsbewegung der Löss-Scholle wurde der ehemalig Boden der Landoberfläche in die Verwerfung eingequetscht, so dass er nicht mehr horizontal, sondern nahezu senkrecht orientiert ist.

    Es ist nicht bekannt, wann sich genau diese Bewegung abgespielt hat. Sicher ist aber, dass ihr Beginn höchstens 130 000 Jahre zurückliegt. Es ist nachgewiesen, dass der Oberrheingraben immer noch absinkt. Ob allerdings an der hier aufgeschlossenen Verwerfung heute noch Bewegungen stattfinden, ist nicht bekannt.”

    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/21159950ba.jpg]


    Auf diesem Foto kann man meiner Meinung nach gut erkennen, wie die Sandsteinschicht durch die Annäherung an die Verwerfung geradezu “gekräuselt” wird und nach unten abbiegt, so als würde sie in die Tiefe gerissen.

    Dass der Rheingraben durch Absinken entstanden ist, wusste ich. Aber dass man noch heute hier und da diese Bruchstelle sehen kann, war für mich neu. Welche Kräfte waren und sind hier am Werk!

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

    Einmal editiert, zuletzt von Rosmarie † (2. März 2015 um 16:27)

  • Liebe Rosmarie,
    eine interessante Entdeckung und eine ebenso spannende wie fotografisch gut dokumentierte Erklärung. Herzlichen Dank, dass du uns dies vermittelt hast.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Liebe Rosmarie,
    ein sehr interessanter Beitrag.
    Das war für dich sicher sehr aufschlussreich, mal direkt an so einer Vewerfung zu stehen.
    Sehr schön bildlich untermauert.
    Wenn jetzt der Hund dort buddelt, gehts gleich weiter mit dem Absturz :D .
    Liebe Grüße
    Sigurd

  • Hallo Rosmarie,

    wirklich ein eindrucksvoller Einblick in die Erdgeschichte. In dieser Gegend hab ich mal Urlaub gemacht,
    aber dieser interessante Aufschluss ist mir entgangen.

    Gruß Norbert

    Kein der Geometrie Unkundiger trete ein.(Platon)

  • Liebe Sabine, lieber Sigurd, liebe Silke und lieber Norbert,

    ganz kurz schon mal herzlichen Dank für euer Interesse an diesem "Einbruch"! :)
    Leider ist bei mir etwas Wichtiges dazwischen gekommen, so dass ich euch erst später richtig antworten kann.

    Bis bald!

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • LIebe Rosemarie, da hast du ja wieder was ganz interessantes entdeckt. Und es ist so gut zu sehen wie dei Kräfte der Erde wirken. Danke für diesen tollen Bericht.

    Liebe Grüße von Reinhilde

    Laß deine Augen offen sein,
    geschlossen deinen Mund
    und wandle still, so werden dir
    geheime Dinge kund.
    H. Löns

  • Liebe Rosmarie,

    Der Grabenbruch des Oberrheingrabens zeigt sich in deinem interessanten Bericht wunderbar deutlich.
    Wenn schon nicht das Klima :cry: ,so verbindet dieser geologische Vorgang (unter anderen Vorgängen)
    unsere grundverschieden Landschaften doch unzertrennlich.

    Jetzt werden wir (unsere Landschaft)zu euch gespült während wir früher im Osten abgelagert wurden.
    (danubisches Flußsystem)
    Der Kocher ,mein Heimatfluß, zeigt spitzwinklig gegen die Flußrichtung verlaufenende Nebentäler ,was
    darauf hindeuten soll ,daß er vor diesen geologischen Vorgängen in entgegengesetzter Richtung floß.

    Mir wärs lieber wenn die Gemeinsamkeiten klimatischer Natur wären . :D

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !

  • Liebe Sabine, lieber Sigurd, liebe Silke, lieber Norbert, liebe Reinhilde und lieber Werner,


    es freut mich sehr, dass ihr meine Überraschung über diese “Abbruch”-Stelle geteilt habt und sogar meinen bescheidenen Bildern etwas abgewinnen konntet!

    Ohne die Erklärung der Tafel hätte ich gar nichts Besonderes bemerkt. Nur die verschiedene Färbung der Erde war mir aufgefallen... Insofern finde ich es großartig, dass Hinweistafeln aufgestellt werden, wenn auf Zeugnisse von erdgeschichtlichen Prozessen hingewiesen werden kann. Mich faszinieren diese riesigen geologischen Bewegungen, die Einfluss auf unser aller Leben haben, die wir durch die Begrenztheit unseres engen zeitlichen und räumlichen Blickwinkels aber nicht realisieren können.

    Lieber Werner, insofern freue ich mich besonders über deinen weiterführenden Kommentar: “Jetzt werden wir (unsere Landschaft) zu euch gespült während wir früher im Osten abgelagert wurden. (danubisches Flußsystem) Der Kocher ,mein Heimatfluß, zeigt spitzwinklig gegen die Flußrichtung verlaufenende Nebentäler ,was
    darauf hindeuten soll ,daß er vor diesen geologischen Vorgängen in entgegengesetzter Richtung floß.”


    Was ich so spannend finde, ist, dass selbst innerhalb der für Otto-Normalmensch sichtbaren europäischen “Hauptplatte” auch heute noch ständig verschiedene Bewegungen stattfinden. Falls ihr mit eurer Alb also dann irgendwann mal beim Rheingraben angespült worden sein solltet, vergiss nicht wegen einem Kaffee bei mir zu klingeln! :D


    Falls dir deine Alb im übrigen ein bisschen zu kalt sein sollte, könntest du gern von der hiesigen Sommerhitze und -schwüle was abhaben. Lass dir was einfallen! :19:

    Übrigens finde ich solche Hinweise, wie auf die Winkel, in denen die Nebenflüsse in ihren Hauptfluss münden, die dann auf die frühere Fließrichtung des Hauptflusses schließen lassen, hoch interessant! Solche Kenntnisse erweitern nicht nur den eigenen Horizont, sondern auch die Fähigkeit, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und mehr zu entdecken als vorher.

    Lieber Sigurd, mein alter Knabe gräbt zwar noch dann und wann, aber hier war er gnädig mit mir... :19: Übrigens hatte ich für euch Bilder ohne ihn aufgenommen. Die waren aber unschärfer...

    Noch einmal herzlichen Dank für eure freundlichen Rückmeldungen!

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

    Einmal editiert, zuletzt von Rosmarie † (5. März 2015 um 13:34)

  • Zitat von Sabine

    Liebe Rosmarie,
    eine interessante Entdeckung und eine ebenso spannende wie fotografisch
    gut dokumentierte Erklärung. Herzlichen Dank, dass du uns dies
    vermittelt hast.


    Liebe Rosmarie,
    dem möchte ich mich, wenn auch etwas verspätet, sehr gerne anschließen. :thumbup:

    Ein interessanter geologischer Exkurs zugleich! Man sieht insbesondere die Verwerfungen sehr gut. ;)

  • Hallo Max,

    oje, oje, den Beitrag habe ich 2015 geschrieben. So genau weiß ich das gar nicht mehr.
    Aber doch, ich erinnere mich, dass wir den Weinwanderweg zwischen Wachenheim und Deidesheim gegangen sind. Der läuft noch in den Weibergen parallel zum Hardtrand und in einiger Entfernung parallel zur Weinstraße entlang.
    Den Abbruchhang habe ich entdeckt, als ich den Weinwanderweg in Richtung Wald, also Hardtrand, verlassen habe. Er war aber noch nah an den Weinbergen. Vielleicht läufst du mal das Stück und suchst die Seitenwege in Richtung Wald ab?

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Lieber Peter,

    über dein Lob freue ich mich besonders! ;)

    Ich fand diese Stelle aber auch sehr interessant. Denn wie du es sagst, sieht man sogar als Laie diese "Naht", aber nur, weil dort eine erklärende Tafel steht.

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Liebe Rosmarie,

    ja, so ein toller Bericht mit aussagekräftigen Fotos verdient natürlich auch ein großes Lob in zusätzlichen Worten, nicht nur Likes. ;)
    Dass auch ich dabei nicht auf die Jahreszahl 2015 geachtet habe, ist wurscht, denn lieber spät entdeckt als gar nicht. :D
    Das Foto mit dem Hund vor der Wand finde ich zusätzlich noch sehr spaßig! :thumbup:

  • Das Foto mit dem Hund vor der Wand finde ich zusätzlich noch sehr spaßig!

    Lieber Peter,

    danke! Den Hund habe ich damals auf dem Foto gelassen, da dies Bild a) das schärfste war und b) die Größenverhältnisse ganz gut zeigte.

    Als ich meinen Butze auf diesem Bild wieder sah, kamen mir fast die Tränen. Damals war er noch fit. Im Januar musste ich ihn mit 19 (!!!) Jahren einschläfern lassen.

    Wenn ich noch in der Gegend wohnen würde, hätte ich diese Stelle noch einmal aufgesucht. Aber man soll ja nie nie sagen...

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

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