Wem gehörte denn dieses Gebiss?

  • Liebe Naturfreunde,
    ich brauche mal Hilfe, ich komme da nicht weiter. Diesen Schädel fand ich vergangene Woche im Wald, alle Vergleiche mit üblichen Waldtieren gingen in die Sackgasse. Nicht auszuschließen ist, dass vorne vielleicht etwas fehlt. Insgesamt ist das Schädelfragment etwas rundlich-oval. Ein Fichtenzapfen dürfte als Größenvergleich ausreichen, wenn nicht, messe ich nach (habe das Teil mitgenommen).

    Funddaten: Deutschland, südliches Schleswig-Holstein, Nadelwald mit vielen schrägen Bodenhöhlen, 13.11.2014

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • liebe Sabine,

    Das ist der Oberkiefer eines jungen Rehs !
    Vorn (rechts)fehlt ein Stück Knochen da wären aber keine Schneidezähne
    Die haben nur unten Schneidezähne.
    Oben gibts nur ganz selten rudimentäre Eckzähne -das kam bei mir nur einmal vor.

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !

    Einmal editiert, zuletzt von Werner (16. November 2014 um 19:15)

  • Lieber Werner,
    das ging ja schnell, hab ganz herzlichen Dank! Ich hatte auf dich gehofft, als Jäger würdest du das sicher wissen. Juhu!

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Was für ein Wahnsinnsgebiss! :alright:

    Liebe Sabine,

    deinen Fund finde ich höchst interessant! Vor allem bin ich baff über diese Zähne!

    Lieber Werner,

    sehe ich das richtig, sind das doppelte Reihen an Backenzähnen? Oder sind die Mahlflächen nur so merkwürdig uneben gestaltet?

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • liebe Rosmarie,

    Man sieht rechts und links je 5 zweiteilige Zähne mit einer Spalte (längs)in der Mitte.

    Das Reh ist zwar kein Grasfresser wie ein Hirsch sondern ein Konzentratselektierer (hier ein Blättchen ,da ein Knöspchen)-braucht aber
    zum zermahlen dieser Nahrung diese gebirgige Kaufläche .
    Die Kaufläche ist,wie man sieht so gut wie nicht abgenützt.
    Der hinterste Molar ist ,da später durchgebrochen noch ganz weiß und frisch.

    Ist das Gebirge der Kaufläche (je nach Äsung früher oder später)erst mal abgeschliffen (um die 10 Jahre) geht das Reh dem Ende entgegen.

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !

    Einmal editiert, zuletzt von Werner (17. November 2014 um 09:48)

  • Lieber Werner,

    danke für deine super-informative Antwort! Du erklärst so schön anschaulich und einleuchtend! :alright:
    Die Zähne des Rehs sind also zweiteilig durch diese gute sichtbare Spalte. Dass sich Pflanzen mit derartig ausgeprägten "Hubbeln" besser zermahlen lassen, kann man sich jedenfalls gut vorstellen.

    Irgendwie berührt es mich, dass ein altes Reh, dessen Zähne fast glatt geschliffen sind, die Nahrung wohl nicht mehr richtig verdauen kann. Aber irgendwann wird auch sein übriger Körper am Ende sein.
    So wie bei uns allen... :cry:

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Lieber Werner,
    ich danke dir auch herzlich für diese wertvollen Erklärungen, die habe ich mir zum Foto dazugespeichert.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Ich muß noch was anmerken !

    Zitat

    Die Zähne des Rehs sind also zweiteilig durch diese gute sichtbare Spalte.

    Nein ,der Zahn ist zweiteilig weil er aus 2 Säulen besteht.Die Spalte in der Mitte ,welche von vorn nach hinten durch die Kaufläche verläuft ,wird als Kunde bezeichnet.
    Diese Kunde verschwindet immer mehr und ist am Schluß ganz ausgeschliffen.Daran erkennt man m.E. das Alter.
    Im Unterkiefer kommen zunächst 3 Prämolaren .Der dritte von vorn ist im
    1.Jahr 3-teilig,er besteht also aus 3.Säulen.Diese 3 Prämolaren werden mit etwa einem Jahr gewechselt ,dann ist der 3.Prämolar nur noch 2-teilig.

    Zitat

    Irgendwie berührt es mich, dass ein altes Reh, dessen Zähne fast glatt geschliffen sind, die Nahrung wohl nicht mehr richtig verdauen kann.

    Nicht nur das .Ich hörte 2009 in einer Dickung ganz spät ,es war schon fast Nacht ,immer wieder Husten.Mit dem allerletzten Büchsenlicht zog dann ein uralter Bock ohne Gehörn aus der Dickung .Er bewegte sich wie ein Rheumatiker -zur nahegelegenen Wiese.
    Die Zähne waren total abgeschliffen -keine Kunde mehr.Dann noch Rachenbremsenlarven,so dick wie mittelgroße Falterraupen und nur noch blanke Stirnzapfen ohne jegliche Geweihmasse .

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !

  • Nicht nur das .Ich hörte 2009 in einer Dickung ganz spät ,es war schon fast Nacht ,immer wieder Husten.Mit dem allerletzten Büchsenlicht zog dann ein uralter Bock ohne Gehörn aus der Dickung .Er bewegte sich wie ein Rheumatiker -zur nahegelegenen Wiese.
    Die Zähne waren total abgeschliffen -keine Kunde mehr.Dann noch Rachenbremsenlarven,so dick wie mittelgroße Falterraupen und nur noch blanke Stirnzapfen ohne jegliche Geweihmasse .

    Lieber Werner,

    diese ekelhaften Rachenbremsenlarven hast du schon mal erwähnt. Einfach grauenvoll! Wie schmerzhaft muss solch ein Befall sein!
    Für diesen alten Rehbock war es sicher besser, einen schnellen Tod zu sterben und sich nicht noch lange bis zum Ende durchquälen zu müssen.


    Nein ,der Zahn ist zweiteilig weil er aus 2 Säulen besteht.Die Spalte in der Mitte ,welche von vorn nach hinten durch die Kaufläche verläuft ,wird als Kunde bezeichnet.
    Diese Kunde verschwindet immer mehr und ist am Schluß ganz ausgeschliffen.Daran erkennt man m.E. das Alter.
    Im Unterkiefer kommen zunächst 3 Prämolaren .Der dritte von vorn ist im
    1.Jahr 3-teilig,er besteht also aus 3.Säulen.Diese 3 Prämolaren werden mit etwa einem Jahr gewechselt ,dann ist der 3.Prämolar nur noch 2-teilig.

    Deine Erklärungen finde ich sehr, sehr interessant!

    Ich finde auch immer mal (natürlich selten) einen Tierschädel. Die habe ich mir bisher immer sehr interessiert angeschaut, bin aber gar nicht auf die Idee gekommen, dich zu fragen, was für ein Tier dies gewesen sein könnte. Auf Wildschwein und Hirsch (wegen der Größe) hatte ich schon mal getippt. Bei dem "Wildschwein" hatte ich mich gewundert, dass es keine Hauer mehr hatte. Könnten die schon rausgefallen gewesen sein oder nehmen Jäger die Hauer eventuell mit?

    Danke für deine interessanten Antworten!

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • liebe Rosmarie,

    Zitat

    Bei dem "Wildschwein" hatte ich mich gewundert, dass es keine Hauer mehr hatte. Könnten die schon rausgefallen gewesen sein oder nehmen Jäger die Hauer eventuell mit?

    Sowohl als auch !
    Beim älteren Stück sind allerdings die "Gewehre" (Hauer)hinten im Kiefer dicker und sind damit unverlierbar mit dem Unterkiefer verbunden ,selbst wenn der Schädel völlig skelletiert ist.

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !


  • ...Sowohl als auch !
    Beim älteren Stück sind allerdings die "Gewehre" (Hauer)hinten im Kiefer dicker und sind damit unverlierbar mit dem Unterkiefer verbunden ,selbst wenn der Schädel völlig skelletiert ist.

    Danke, lieber Werner! Leider weiß ich nicht mehr genau, wie das Gebiss damals aussah. Meine Fotos von annodazumal sind durch einen PC-Crash (gerettet mit 27000 anderen, aber im selben Ordner) nicht mehr wiederzufinden...

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

    Einmal editiert, zuletzt von Rosmarie † (18. November 2014 um 16:40)

  • Lieber Werner,
    auch wenn Rosmarie die ganzen spannenden Fragen zu den Zähnen gestellt hat, so möchte ich dir auch ganz herzlich für deine interessanten und aufschlussreichen Antworten danken. Habe mir alles als PDF zum Foto weggespeichert.
    Auffallend ist, dass die Jäger offenbar doch eine so ganz eigenen "Sprachregelung" haben; da wird das Dickicht zur Dickung, die Dämmerung zum Büchsenlicht.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • liebe Rosmarie,

    Zitat

    Meine Fotos von annodazumal sind durch einen PC-Crash (gerettet mit 27000 anderen, aber im selben Ordner) nicht mehr wiederzufinden...

    das wäre aber bitter !

    liebe Sabine,

    Zitat

    Auffallend ist, dass die Jäger offenbar doch eine so ganz eigenen "Sprachregelung" haben; da wird das Dickicht zur Dickung, die Dämmerung zum Büchsenlicht.


    Das geht ja noch -aber manchmal ist diese Jägersprache äußert skurril :
    Schnalle,Kurzwildbret,Gescheide,Geschröte,Brunftrute,Schweiß -pfui Kuckkuck was noch alles !:17:

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !


  • ...
    Schnalle,Kurzwildbret,Gescheide,Geschröte,Brunftrute,Schweiß -pfui Kuckkuck was noch alles !:17:

    Lieber Werner,

    "Schweiß" für das Blut der geschossenen Tiere fand ich immer schlimm. Dagegen ist das, was ich mir unter Brunftrute und Gescheide vorstelle, eher amüsant.

    Im Prinzip kann ich aber mit derartigen Traditionen, die sich in der Sprache niederschlagen, gut leben. Sie sollten nur reflektiert und eventuell nicht mehr benutzt werden, wenn es sich um Ausdrücke handelt, die mit unserem heutigen Verständnis von Achtung (auch Achtung vor dem Leben) nicht mehr vereinbar sind.

    Aber zu eng darf man auch alles nicht sehen...:) Prinzipielle Verbissenheit ist für mich nicht weniger schlimm.

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

    Einmal editiert, zuletzt von Rosmarie † (19. November 2014 um 08:57)

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