Standort und Umgebung von Flechten

  • Hallo zusammen,

    schon lange stelle ich mir folgende Frage:
    da ich immer wieder gelesen und gehört habe, dass Flechten in Gebieten wachsen, die nicht der Luftverschmutzung ausgesetzt sind und eher ein Anzeiger für eine "gute" Umgebung sind, frage ich mich jedes Mal an dieser Stelle (Fotos), wie kann das sein?! Direkt neben der wirklich viel befahrenen Straße, auch viele LKWs und Busse sowie eine recht scharfe Kurve, wo man sehr abbremsen muss, dass da (nicht nur an diesem Baum) so viele Flechten wachsen...
    Hat jemand dazu eine Idee oder Erfahrungen?

    Viele Grüße
    Addi


    Viele Grüße

    Addi

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    "In den kleinsten Dingen

    zeigt die Natur

    ihre größten Wunder."

    Carl von Linné (1707 - 1778)

  • Hallo Addi,

    darüber auch schon nachgedacht und oft gelesen das Flechten Bioindikatoren für die Luftverschmutzung sind.

    Heutzutage wird die Qualität der Luft besser, auch durch den Einsatz von Schwefelfiltern und Katalysatoren, so dass auch in den Städten wieder öfters Flechten vorkommen können.Das wäre durchaus eine plausible Erklärung.

    Ich komme aus dem ländlichen Raum ohne Industrie .Mal sind Flechten gehäuft an vielen Büschen und Bäumen
    anzutreffen und ein paar Schritte weiter überhaupt nix.
    Ob also die Luftqualität allein entscheidend ist?

    Interessant ist deine Frage allemal.

    Erst letztes Wochenende habe ich mich über diesen Anblick gefreut.


    Vielleicht kann noch jemand etwas genaueres zu diesem Thema sagen?

    Grüße Wiltrud

    Einmal editiert, zuletzt von Natürlich (8. April 2021 um 20:21)

  • Stimmt, @Natürlich, Wiltrud, die Luftqualität ist besser geworden. Das hatte ich jetzt nicht in Erwägung gezogen. Interessant ist Deine Beobachtung, dass in Deinem ländlichen Raum, wenige Meter von Flechten, dann woanders doch keine zu finden sind... Oder ob sie eine "Vorliebe" für bestimmte Baumarten oder den Zustand eines Baumes haben...? Hängt es vielleicht mit der Wetterseite zusammen, ähnlich wie beim Moos...?
    Schon interessante Überlegungen.
    Flechten, relativ aus der Nähe betrachtet (nicht mikroskopisch), sondern herangezoomt oder mit einem Makro muten für mich persönlich immer wie eine andere Welt an und meine Fantasie wird aktiv...

    Viele Grüße
    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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    Carl von Linné (1707 - 1778)

  • Hallo Addi,

    deine Frage hat mich - genau wie Wiltrud - auch schon umgetrieben. Ich lebe hier zwar in einer Gegend mit eher sauberer Luft. Also ist es auch kein Wunder, dass es hier viele Flechten gibt. Aber auch früher im Ballungsraum Mannheim gab es Orte mit vielen Flechten...

    Ich glaube, dass der Spruch mit der sauberen Luft nicht auf alle Flechtenarten zutrifft. Allerdings scheint es mir so zu sein, dass die dicken, "wuscheligen" und teils sogar langen Flechten tatsächlich eher in sauberen Gegenden vorkommen, hier vorwiegend an Eichenstämmen oder Erlen. Auch Ahorn hat manchmal viele Flechten. Raue Rinde eignet sich für diese Art von Flechten halt besser als junge Buchenstämme.
    Bodenbewachsende Flechten sind mir in meiner jetzigen sauberen Gegend öfters aufgefallen als in Industriegegenden. Aber vielleicht habe ich früher nicht so genau hingeguckt...

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Liebe Naturfreund*innen,
    wenn die grünen Beläge auf Addis Fotos Flechten sind, dann kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit die Gemeine Gelbflechte Xanthoria parietina in Frage. Diese Art ist ein Zeiger für saure Luft, wie ich aus einem Seminar am Umweltamt in Schleswig-Holstein erinnere. Insofern ist ein Standort an einer viel befahrenen Straße folgerichtig. Auf vielen Informationsseiten findet man auch die Information, dass die Gelbflechte an stark gedüngten Standorten vorkommt.
    Für Österreich erinnere ich mich an die Beschreibung eine Wanderroute, auf der man - ich glaube - besonders viele Bartflechtman zu sehen bekommen konnte, die für eine hohe Luftqualität standen.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • wenn die grünen Beläge auf Addis Fotos Flechten sind, dann kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit die Gemeine Gelbflechte Xanthoria parietina in Frage. Diese Art ist ein Zeiger für saure Luft, wie ich aus einem Seminar am Umweltamt in Schleswig-Holstein erinnere. Insofern ist ein Standort an einer viel befahrenen Straße folgerichtig. Auf vielen Informationsseiten findet man auch die Information, dass die Gelbflechte an stark gedüngten Standorten vorkommt.

    Bei uns an der Bundesstraße und der Autobahn A7 wächst Xanthoria parietina in Massen:

    Viele Grüße
    Burkhard

    2 Mal editiert, zuletzt von burki (9. April 2021 um 23:59)

  • Dann scheint es tatsächlich so zu sein, wie @Sabine Flechtmann schreibt, dass es auf die Art der Flechte ankommt, wo sie bevorzugt vorkommt. Manche sind Anzeiger für gute Luftqualität, andere für Überdüngung, wieder andere mögen, wie @Rosmarie schreibt, bestimmte Bäume bzw. die Art ihrer Rinde.
    Ich werde mal vermehrt darauf achten, w e l c h e Bäume es sind, wo viele Flechten zu sehen sind, und ob sie einen "besonderen" Standort haben.
    Meist sind es ja die Flechten, die Burkhard und Wiltrud zeigen, die zu sehen sind (jedenfalls im flotten Vorbeifahren mit dem Rad).

    Viele Grüße
    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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  • Manche sind Anzeiger für gute Luftqualität, andere für Überdüngung, wieder andere mögen, wie @Rosmarie schreibt, bestimmte Bäume bzw. die Art ihrer Rinde.

    Hallo Addi,

    Sabine hat es gut auf den Punkt gebracht und Burkhard hat ein eindrucksvolles Bild beigesteuert. Es gibt offensichtlich sogar Flechtenarten, die ein Hinweis auf saure, bzw. nicht saubere, Luft sind.

    Mein Hinweis auf die bevorzugten Rinden, auf denen Flechten (besonders Bartflechtenarten) gern wachsen hat nur etwas mit ihrer rauen Beschaffenheit zu tun. Da Flechten die Bäume nicht "anzapfen" (ihr Pilz/Algenstoffwechsel funktioniert - wenn ich das richtig in Erinnerung habe -unabhängig), nutzen sie sie nur zum Festhalten in dem ihnen genehmen Lebensraum.

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Danke @Rosmarie.
    Gibt es eigentlich Literatur, die genau auf das Thema eingeht, warum welche Flechten gerade einen bestimmten Standort (sauer, überdüngt, verkehrsreich, gute Luft usw.) bevorzugen und welche es sind?
    Zur Bestimmung gibt es ja einige Bücher, aber zu dieser Frage...?

    Viele Grüße
    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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  • Gibt es eigentlich Literatur, die genau auf das Thema eingeht, warum welche Flechten gerade einen bestimmten Standort (sauer, überdüngt, verkehrsreich, gute Luft usw.) bevorzugen und welche es sind?

    Hallo Addi,

    das weiß ich leider nicht. Aber würde dir das wirklich nützen? Denn wenn ich dich richtig verstehe, möchtest du Flechten bestimmen, die unter den von dir genannten verschiedenen Umständen wachsen.

    Flechten zu bestimmen, hat sich für mich aber zu einem schier unmöglichen Versuch ausgewachsen. Ohne Mikroskop und chemische Reagenzien dürften die meisten Versuche irgendwann im Ungewissen enden.
    Aber vielleicht hast du ja Lust, dich so tief in die Materie einzuarbeiten?
    Ich vermute, dass in entsprechenden Fachbüchern unter den einzelnen Flechtenarten auch beschrieben wird, welche unter speziellen Bedingungen wachsen.

    Toll fände ich es allerdings, wenn du fundierte Anläufe machen würdest! :ups:

    Herzliche Grüße Rosmarie

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  • @Rosmarie
    Ob ich so richtig in das Thema einsteigen kann, weiß ich nicht, sicher nicht mit Mikroskopie (habe keine Ausrüstung). So wie ich bei @Mike Guwak gelesen habe, ist es insgesamt ein ganz schön schwieriges und umfangreiches Thema. Die Ambition, Flechten bis ins letzte Detail zu bestimmen habe ich auch nicht. Mich interessiert so viel in der Natur, vor allem die Zusammenhänge.
    Und meine Idee (Wunsch, Ziel) ist, dass ich irgendwann einmal so weit bin, dass ich meinen Blick auf einen Bereich werfen kann und dann z. B. an bestimmten Bäumen, bestimmte Flechten, Gräser (die ja auch nicht ohne sind in der Bestimmung...) ungefähr einschätzen kann, ist der Bereich eher mager, sauer, überdüngt usw. Die Zeigerpflanzen gehören auch dazu. Allerdings bin ich das, was ich einen "Blumenlegastheniker" nenne. Ich kann mir partout keine Namen zu ihrem Aussehen merken (na ja, bis auf Sonnenblumen und Konsorten...) :shy: . Bei Bäumen und Vögeln fällt mir das wesentlich leichter...

    Viele Grüße
    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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  • Moin, Addi,
    von Wolfgang Licht gibt es das Buch "Zeigerpflanzen - Erkennen und bewerten" aus dem Verlag Quelle & Meyer.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
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  • Danke für den Tipp, @Sabine Flechtmann! :)
    Es ist noch früh am morgen und ich komme schon seit über einer Stunde vom Hölzchen aufs Stöckchen...
    So bin ich u. a. auf eine pdf-Abhandlung über Flechten gestoßen (zwar über Vorarlberg, aber das gilt ja auch für uns hier), und da steht ab S. 6 etwas über "Flechten als Bioindikatoren". Genau das, was ich ja gesucht habe...
    http://www.biologiezentrum.at/pdf_frei_remot…7_0007-0247.pdf , gefunden auf der Seite "Wadwissen.net".

    Viele Grüße
    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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    Carl von Linné (1707 - 1778)

  • Und noch etwas, dieses Mal aus der Schweiz, aber sicher ein Stück weit übertragbar:
    https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-…er-und-flechten etwa bis zur Hälfte herunterscrollen. Dort ist eine Tabelle, wo verschiedene Strukturen aufgelistet sind, auf denen die Flechten wachsen können, welche ökologischen Merkmale wichtig sind und dann Beispiele.

    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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    Carl von Linné (1707 - 1778)

  • Hallo Addi,

    deine Intention hast du sehr gut rübergebracht. Ich kann sie dir gut nachfühlen und bin sehr gespannt, ob du deine Ziele erreichst. Das fände ich enorm beneidenswert!
    Ich denke allerdings, dass du dich mit einem Fass ohne Boden beschäftigst, denn gerade im wissenschaftlichen Bereich ist es ja so, dass eine beantwortete Frage gleich die nächsten drei aufwirft.
    Aber jeder Weg fängt mit den ersten Schritten an. Und diese bist du deinen letzten Postings nach ja bereits gegangen.
    Es wäre für uns hier ein Glücksfall, wenn du dir diese großen Zusammenhänge von Umweltbedingungen und Zeigerpflanzen, bzw. Zeigerflechten, aneignen könntest!
    Ich drück dir ganz fest die Daumen. Die Motivation und den Biss dazu scheinst du ja zu haben. :28:

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Hallo Rosmarie,

    Du hast sicher Recht, dass mein Vorhaben ein Fass ohne Boden ist und sich eher mehr Fragen ergeben werden als dass sich alles zu meiner Zufriedenheit beantwortet... :91:
    Ich werde es versuchen, möglichst systematisch angehen zu lassen, um mich so wenig wie möglich zu verzetteln und mir Schwerpunkte setzen.
    Ich bin heute bei den Gelben Wiesenameisen gewesen, da ich sie kartieren wollte, um einen besseren Eindruck zu bekommen. Dabei lenkte mich natürlich alles mögliche ab... :)
    Ich werde mit Sicherheit noch einmal mit der Kamera dort hingehen, heute hatte ich nur das Handy dabei und z. T. kam ich nicht an alles nahe genug heran, um gute Fotos zu bekommen.

    Viele Grüße
    Addi

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