Ist das eine weibliche Tafelente? -> Nein, Schnatterente (Mareca strepera), männlich

  • Hallo,

    ich war heute am Menzelsee in Hilden und habe dort eine ganze Menge unterschiedlich aussehender Enten entdeckt und fotografiert.

    Kann es sich bei der folgenden Ente um eine weibliche Tafelente oder Tafelenten-Hybrid handeln? Ich hoffe, die Bildqualität reicht zur Bestimmung aus, denn wie immer waren die Enten um einiges entfernt und mit dem Telekonverter ging es für mich leider nicht besser.

    Viele Grüße aus dem Rheinland / NRW

    Claudia und Uwe

  • Könnte es vielleicht auch eine Kreuzung zwischen Tafelente und Schnatterente sein?

    Wie seht Ihr das? @phoenix66 , @Johannes Sander , @Seide Ihr fallt mir spontan ein, könnt Ihr da etwas zu sagen?

    ich würde mir für so eine Bestimmung ein besseres Bild wünschen und halte mich für Tipps zurück.

    Gruß Martin, der gerade Hybriden für schwer bestimmbar hält.

  • @phoenix66, das verstehe ich voll und ganz.

    Ich habe noch 2 Fotos, die aber sicherlich qualitativ nicht mehr hergeben und aus gleichem Winkel fotografiert sind, deswegen habe ich sie gestern nicht eingestellt:

    Viele Grüße aus dem Rheinland / NRW

    Claudia und Uwe

  • Hallo,

    ich halte einen Hybriden Schnatterente x Tafelente für sehr unwahrscheinlich, in diesem Fall sogar ausgeschlossen. Vielmehr wirkt die Ente auf dem Bild auf mich wie ein gewöhnliches Schnatterentenmännchen. Dafür gibt es mehrere Gründe:

    Zunächst einmal sind alle relevanten Merkmale (und noch mehr), die eine Bestimmung als Schnatterente nahe legen, vorhanden:

    -schwarzer Po mit hellen Schwanzfedern
    -brauner Kopf
    -orange/gelbe Beine
    -Körper grau meliert
    -helle lange Schulterfedern
    -dunkler Schnabel

    Mir fällt spontan nichts ungewöhnliches an dieser Ente auf. Einzig der Kopf wirkt relativ dunkel, das kann allerdings vielfältige Gründe haben (Foto unterbelichtet, schlechte Lichtsituation, individuelle Variation, etc.), das spricht jedoch nicht dafür, dass es sich um einen Hybrid handelt. Allerdings habe ich die Ente nicht in Person gesehen, vielleicht kannst du ja noch spezifizieren, was dir genau aufgefallen ist?

    Bei Hybriden würde man ja in jedem Falle eine Mischung aus Merkmalen beider Elternteile erwarten. Allerdings kann ich in diesem Falle nichts entdecken, was auf eine Tafelente hinweist, wie etwa eine rote oder rötliche Augenfarbe, eine (zumindest teilweise) schwarze Brust o.Ä. (derartige Merkmale sind nur Vermutungen meinerseits).
    Hybride zeigen in den allermeisten Fällen auch nicht nur Veränderungen im Gefieder sondern auch strukturelle Unterschiede zu ihren Elternarten. Auch davon ist nichts zu erkennen, z. B. ein längerer und breiterer Schnabel, eine Schnabelbinde oder ein flacheres Stirnprofil (genau wie oben nur hypothetische Merkmale, die auf eine Tafelente hindeuten könnten)
    Ich habe noch nie in meinem Leben einen solchen Hybrid gesehen (das muss aber nichts heißen!) und habe auch keine Ahnung wie so ein Tier aussehen würde. Im Internet findet man auch keine Bilder zu derartigen Erscheinung und ich denke das hat auch einen Grund:
    Bei Entenhybriden handelt es sich in den allermeisten Fällen, um zwei Arten von ein und derselben Gattung (näheres zu zoologischer Taxonomie gibts soweit ich gesehen habe im Lexikon des Forum). Häufig wird also über Hybride z.B. in der Gattung "Anas" berichtet (z.B. Stockente x Pfeifente, Stockente x Schnatterente, Stockente x Spießente, ...) und in der Gattung Aythya (z.B. Reiherente x Tafelente, Tafelente x Moorente, ...). Schnatterente und Tafelente sind verschiedenen Gattungen zuzuordnen (Schnatterente --> Anas und Tafelente --> Aythya), weshalb ich vermute, dass die interspezifischen Unterschiede im Balz- und Paarungsverhalten der beiden Arten so verschieden sind, dass sich die Tiere in der freien Natur nicht (oder nur sehr seltenen) als Reproduktionspartner erkennen. Bei näher verwandten Arten derselben Gattung ist die Wahrscheinlichkeit natürlich höher. Auch hier gibt es - wie immer in der Natur - Ausnahmen. Die Kolbenente der Gattung "Netta" hybridisiert nach Beobachtung wohl immer wieder mit Vertretern der Gattung "Aythya". Ihr Hybridisierungsneigung in Gefangenschaft mit gattungsfremden Arten wird sogar als hoch beschrieben.
    Meines Erachtens ist also ein solcher Hybrid zwischen Schnatter- und Tafelente (falls es ihn in freier Natur gibt?) eine äußerst selten Erscheinung und in deinem Falle nicht anzunehmen. Ich hoffe, ich sorge für keine allzu große Enttäuschung. Ich bin kein Experte und es kann gut sein, dass ich mich da auch irre. Für eine ganz sichere Abgrenzung, müsstet du dich wohl an echte Spezialisten wenden.

    In diesem Sinne einen schönen Sonntag und beste Grüße
    Johannes

  • Waauhh!

    Wieder vielen herzlichen Dank @Johannes Sander für Deinen interessanten Beitrag!

    Und ja, es war der bräunliche Kopf, der mich zweifeln ließ, dass es sich um eine Schnatterente handelt.

    Da ich mich erst seit Mai letzten Jahres für die Namen der "Objekte", die ich vor die Kamera bekomme interessiere und auch deswegen vermehrt auf "Fotopirsch" gehe, bin ich "biologisch" noch voll unerfahren, was Hybride/Kreuzungen etc. betrifft. Deswegen vielen Dank auch für Deine Erklärung bezüglich der "gleichen Gattung" und dass Tafelenten und Schnatterenten einer unterschiedlichen Gattung angehören.

    Viele Grüße aus dem Rheinland / NRW

    Claudia und Uwe

  • Bezüglich meiner Vermtungen zu der Hybridthematik verschiedener Gattungen habe ich noch an anderer Stelle nachgefragt und folgende Antwort von Martin Gottschling (Mitglied der Helgoländer Avifaunistischen Kommision) erhalten:

    Hallo Johannes,

    es ist genau wie du schreibst. Es ist viel einfacher und wahrscheinlicher, dass sich nahe verwandte Arten untereinander kreuzen als Arten die sich nicht so nahestehen. Es sind somit viel häufiger z B Anas x Anas oder Aythya x Aythya Kreuzungen zu beobachten. Das ist auch hier als größte Wahrscheinlichkeit anzusehen, dass sich diese in der freien Natur kreuzen, denn es ist sicher davon auszugehen, dass sowas wie z B Stock x Schnatter, Pfeif x Schnatter, Reiher x Tafel oder Tafel x Moor in freier Natur entstanden sind. Dennoch gibt es regelmäßige Feststellungen von gattungsübergreifenden Arten, z B ist die Brautente Aix recht flexibel und es gibt zahlreiche Aix-Hybriden, etliche findet man auf ornitho oder auch in früheren club300 ID-Beiträgen veröffentlicht. Besonders spektakulär gefärbt sind dabei z B Brautente x Brandgans, Brautente x Kappensäger oder Brautente x Aythya-Arten. Solche Kreuzungen entstehen wohl v a in Gefangenschaft unter Haltungsbedingungen, wo möglicherweise mehrere Arten auf engem Raum zusammenleben müssen und hier Zwangsverpaarungen oder Vergewaltigungen durchaus vorkommen. Möglicherweise hat aber auch ein einzelnes Ind. außerhalb des normalen Vorkommens im Freiland die Möglichkeit, Hybriden zu produzieren, wenn denn die passenden Partner fehlen. Da müssen aber natürlich die Hürden der Balz usw. überwunden werden. Interessanterweise gibt es von der Madarinente (zwar auch Aix wie die Brautente) keine Hybriden, da dieses mit der Genetik der Mandarinente zu tun hat.

    Dass es häufig Kreuzungen mit Stockenten gibt (und da meine ich nicht die fehlfarbenen Bastard-Stockenten, die unter Einkreuzung von domestizierten Hausenten entstanden sind), liegt einfach daran, dass die Stockente unsere häufigste Wildente ist. Somit ist Stock x Schnatter, Stock x Spieß, Stock x Kolben oder auch div. Kreuzungen mit entflogenen Arten (z B Stock x Braut) recht häufig zu beobachten.

    Des weiteren besteht die Möglichkeit, dass sich ein Hybride mit einer reinen Art wieder kreuzt, das ich allerdings selten möglich, da die Hybriden in der Regel steril sind (z B wäre Brautente x Aythya mit Sicherheit steril). Je weiter die Eltern genetisch voneinander entfernt sind, desto wahrscheinlicher ist die Unfruchtbarkeit. Hier kommen, wenn dann nur wieder wahrscheinliche Möglichkeiten ins Spiel, dass sich Anas x (Anas x Anas) oder Aythya x (Aythya x Aythya) kreuzt.


    Folgende Literatur nimmt sich der Thematik an, die ersten beiden Artikel stellen auch die (vermutete) Entstehungsgeschichte in den vorgestellten Fällen dar:
    Gottschling: Zur Entstehung eines Hybriden Stockente x Kolbenente (Anas platyrhynchos x Netta rufina) im Freiland. Charadrius 40, Heft 4, 2004 (2005): 171-176
    Gottschling: Drei Hybriden Krickente x Bahamaente Anas crecca x Anas bahamensis in Bochum - die erste Dokumentation dieser Kreuzung. Charadrius 40, Heft 1, 2004

    Folgende Artikel finden sich in AVES Braunschweig:
    Lehmhus: „Funny Duck“ – Wanderwege einer ungewöhnlichen Hybridente
    Lehmhus: Beitrag zur Identifikation von Entenhybriden der Gattung Anas
    Lehmhus: Ein ungewöhnlicher Hybrid Krick- x Löffelente (Anas crecca x A. clypeata) in Halle
    Lehmhus: Ein wahrscheinlicher Hybrid zwischen Zimtente und Krickente in Braunschweig
    Lehmhus: Beitrag zur Identifikation von Entenhybriden der Gattung Aythya
    Lehmhus: Beitrag zur Identifikation von Kolbenentenhybriden
    Lehmhus: Identifikation von Hybriden zwischen Spatelente, Schellente, Büffelkopfente, Kappen- und Zwergsäger


    Viele Grüße, MG

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    Beste Grüße
    Johannes

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