Andricus quercuscalicis - die Knopperngallwespe

  • Hallo Naturfreunde

    wohl eine der ungewöhnlichsten Gallen bildet die Knopperngallwespe aus. Zu finden sind sie an der Stieleiche, sofern die Zerreiche in der Nähe ist.

    Die Knopperngallwespe führt einen Wirtswechsel zwischen der Zerr-Eiche (Quercus cerris) und der Stiel-Eiche (Quercus robur) durch. Im zeitigen Frühjahr legen die Weibchen in die Blütenknospen der Zerr-Eiche ihre noch unbefruchteten Eier ab. In den männlichen Blüten entstehen kleine, unscheinbare Gallen, aus denen im Mai männliche und weibliche Tiere schlüpfen. Nach erfolgter Paarung legen die Weibchen ihre Eier zwischen Frucht und Fruchtbecher einer ganz in der Nähe stehenden Stieleiche ab. Als Folge davon entstehen die holzigen, mit stark hervortretenden Längskielen versehenen klebrigen Gallen. In deren Inneren befindet sich eine 5 mm lange, dünnwandige Innengalle mit der gelblichen Larve der Knopperngallwespe. Diese entwickelt sich zum erwachsenen Insekt. Die nur wenige Millimeter große Gallwespe schlüpft im darauf folgenden Frühjahr und kehrt zur Zerr-Eiche zurück. Der Schaden durch die Knopperngallwespe ist vorrangig von optischer Art. Die Knopperngallen enthalten Gerbsäure in hoher Konzentration. Sie wurden bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vom Balkan nach Deutschland importiert um die Gerbsäure für die Lederherstellung zu gewinnen.

    Hier nun 3 Bilder dieser "ausserirdisch " anmutenden Gebilde:

    im Anfangsstadium

    und voll entwickelt

    Sehen die nicht Irre aus? Ich wünsche euch viel Erfolg bei der Nachsuche.

    Gruß
    Harry

  • Lieber Harry,
    deine Fotos von dieser Galle sind wirklich überirdisch gut. Die wollte ich schon lange finden, und dieses Jahr ist es mir gelungen. Vorgestellt hatte ich sie im Faden Vor der Haustür
    Vor der Haustür 2020
    und Folgeposts. Bei uns gibt es keine Zerreichen. Wo man etwas über diese Gallwespen lesen kann steht auch, dass man vermutet, dass es auch eine parthenogenetische Vermehrung gibt.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Liebe Sabine,

    Lieber Harry,
    deine Fotos von dieser Galle sind wirklich überirdisch gut. Die wollte ich schon lange finden, und dieses Jahr ist es mir gelungen. Vorgestellt hatte ich sie im Faden Vor der Haustür
    Vor der Haustür 2020 und Folgeposts.

    Oh, deine Beiträge ( vor der Haustür 2020 ) sind mir völlig entgangen.


    Zitat von Sabine Flechtmann

    Wo man etwas über diese Gallwespen lesen kann steht auch, dass man vermutet, dass es auch eine parthenogenetische Vermehrung gibt.

    Man vermutet das nicht nur, man weiß es. Die Knoppern an der Stieleiche beherbergen diese parthenogenetische Generation. Es werden dort also nur Weibchen hervorgebracht. Die reifen Gallen fallen so ab Ende August ab und überwintern am Boden. Die Weibchen schlüpfen im Februar - März und suchen danach die in der Nähe befindliche Zerreiche auf. Die Bisexuelle Generation bildet dort in den männlichen Blütenkätzchen sehr unscheinbare nur höchsten 1,5 mm große Gallen aus. Diese Gallen bringen dann Männchen und Weibchen hervor. Wie es dann weitergeht hab ich oben schon beschrieben.


    Zitat von Sabine Flechtmann

    Bei uns gibt es keine Zerreichen.

    ihre natürliche Verbreitung reicht vom Balkan bis in den Wiener Raum. Die Zerreiche ist kein Baum den man in Deutschland im Wald findet. Sie wird aber gerne in Parks bzw. parkähnlichen Geländen angepflanzt. In umzäunten Geländen, auf die man in der Regel kein Zutritt hat, ist sie ebenfalls zu finden. Meine Gallenfunde stammen von meinem ehemaligen Firmengelände. Dort standen drei Zerreichen und in einem Abstand von bis zu 400 Metern mehrere Stieleichen. Alle waren sie stets von Gallen der parthenogenetische Generation besetzt. Natürlich hatten nur Firmenangehörige Zutritt auf das Werksgelände. Außerhalb des Geländes bin ich noch nie Zerreichen begegnet. Das es bei euch keine Zerreichen gibt ist also nicht unbedingt in Zement gegossen.


    Zitat von Seide

    Die sind ja richtig schön....

    Aber Nachsuche? Eher nicht, ich kann ja nicht mal die Eichenarten unterscheiden..

    Nun gut, die Zerreiche ist weniger an Blättern oder Rinde zu erkennen aber sehr gut an ihren auffälligen Fruchtbechern. Hier mal zwei Fotos.

    Da auf unserem Firmengelände Fotografierverbot bestand, hab ich das Ästchen mit nach Hause genommen und dort abgelichtet. Auch die Fotos der Knoppern sind bei mir Zuhause entstanden.

    liebe Grüße
    Harry

  • klasse Fotos, ausführliche Informationen - ein rundum toller Artikel. :alright:
    Auch wenn ich bei mir bestensfalls Stein- und Korkeichen finden könnte.
    Überhaupt habe ich mich mit Gallen noch nie beschäftigt, weil ich für meine Viechersammlung nur das (adulte) Tier selber fotografieren will. Und so eine gallwespe mal in Ation zu sehen, ist ja wohl eher unwahrscheinlich.

    Liebe Grüße
    Susanne

    "Ach, die Welt ist so geräumig, und der Kopf ist so beschränkt!" (Wilhelm Busch)

    Tierartenliste 2024 gesamt: 317, neu: 26, Vögel: 84, Nachtfalter: 60, Disteltiere: 33

  • Hallo Susanne,

    an Stein- und Korkeichen findet man sehr interessante Gallen. Ich denke da an jene der Gallwespe Andricus dentimitratus. Sie ist knallrot, sitzt auf dem Fruchtbecher und sieht sehr bizarr aus. Du hast recht, eine Gallwespe in Aktion zu sehen dürfte recht schwierig sein. Die meisten sind nur wenige Millimeter groß. Am ehesten sieht man sie wenn man eine Galle am Anfang des Reifestadiums vorsichtig aufschneidet. Man braucht dann meist eine Lupe um Detail zu erkennen.
    Jetzt ab September reifen die Gallen von Andricus dentimitratus. Achte mal drauf.

    Gruß
    Harry

  • Wunderschön :)

    Und sie sägten an den Ästen, auf denen sie saßen und schrien sich ihre Erfahrungen zu, wie man besser sägen könne. Und fuhren mit Krachen in die Tiefe. Und die ihnen zusahen beim Sägen schüttelten die Köpfe und sägten kräftig weiter.
    (Bertold Brecht)

  • Danke Harry!
    jetzt, wo ich weiß, dass man Chancen auf eine Bestimmung hat, werde ich sicher eher daruf achten (auch wenn ich für Steineichen schon ziemlich weit laufen muss, ist aber machbar)

    Liebe Grüße
    Susanne

    "Ach, die Welt ist so geräumig, und der Kopf ist so beschränkt!" (Wilhelm Busch)

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  • Danke Harry für deine Beschreibung... das ist ja echt ein spannende Thema...
    Und danke für das Foto..... die hab ich definitiv noch nie gesehen.... ich muss mal schauen, ob man in Gärten so was sieht bei uns....

    LG Silke

  • Wow, endlich habe ich die Erklärung für die verformten Eichel gefunden! Habe sie vor kurzem in einem Park entdeckt, weil ich mich für die Tintenherstellung interessiere. Für die schönste natürliche, schwarze Farbe sorgen die Galläpfel. Leonardo da Vinci hat diese Tinte für seine Notizen benutzt.

    Danke Harry :thumbup:

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