Keine Distelfalter in diesem Jahr?

  • Nachdem es im letzten Jahr eine richtige Schwemme an Distelfaltern gab, habe ich in diesem Jahr noch nicht einen einzigen gesehen. Auch bei insekten-sachsen gibt es bisher für dieses Jahr nur eine einzige Meldung (die ja auch durchaus aus einer Zucht kommen kann). Haben es die hübschen Falter in diesem Jahr nicht über die Alpen geschafft oder sind sie noch unterwegs?

    Ich bin aktiv bei Insekten Sachsen und iNaturalist und versuche vor allem bei sechsbeinigen Wesen zu erfahren, was da so krabbelt oder herumfliegt ;)

  • Andreas, ich gehe davon aus, dass das Dein richtiger Name ist. Ich firmiere hier im Forum ebenfalls unter meinem 'Normalnamen', Hermann.
    Du bist Junior Poster, lese ich. Ich gehöre zu den Senioren, wenn nicht sogar der Senior der Senioren. Soweit das Vorstellen.

    Du zählst 'Sachsen und iNatualist' auf, in denen Du aktiv bist. Ich schaute mir die Seiten an; Neuland für mich.

    Zu den Distelfaltern. Im Forum habe ich mich als Schmetterlingsfreund vorgestellt, soll bedeuten, dass diese Tierchen mich besonders interessieren.
    Natürlich registrierte ich im vergangenen Jahr die Vielzahl der bei uns anwesenden Distelfalter.
    Zum Nichterscheinen in diesem Jahr kann man in der Literaur lesen, dass der Distelfalter zwar weltweit der am weitesten verbreitete Falter ist, dass seine Invasionen, für uns aus dem Süden, jedoch unterschiedlich ausfallen, warum auch immer.
    In diesem Jahr hat es sie bislang nicht in unsere Gebiete verschlagen. Man soll nie nie sagen, aber vermutlich wird es so bleiben. Dann haben wir halt in diesem Jahr ohne die hübschen und schnellen Flieger auszukommen.
    Vielleicht finden sie uns im nächsten wieder. Geduld. Oder übernächstes Jahr; mit Sicherheit haben sie sich sich nicht für immer verabschiedet.
    Andreas, Du hast noch einige Lebensjahre vor dir.
    Anders ist das mit aussterbenden Schmetterlingsarten. Vom Insektensterben hast Du vernommen: Ich denke (fast mit Entsetzen) an den Kleinen Fuchs, den es vor einigen Jahren recht häufig bei uns gab, der heute nicht mehr anzutreffen ist.
    Soviel vom Hermann
    Grüß Dich, Andreas (einen meiner Mitsportler, Andreas heißt er, rufen wir Andy)

  • Hallo Hermann,

    ja Andreas ist mein richtiger Name :)

    Dann kann man ja hoffen, dass die Distelfalter vielleicht im nächsten Jahr wieder den Weg zu uns finden...

    Ja das Insektensterben ist ein leider großes Thema :( Zumindest ist das Bewusstsein dafür in den letzten Jahren gestiegen und man hört von diversen Projekten. Zumindest kann man also noch hoffen.

    Und die (einheimischen) Schmetterlinge sind dieses Jahr auch bei uns in Dresden ziemlich rar. Weißlinge sind viele zu sehen aber dann... An unseren Sommerfliedern haben wir noch keinen Falter gesehen. Wir haben dazu noch viele insektenfreundliche Blumen im Beet und auf dem Balkon, auch hier fast keine Falter zu sehen - immerhin viele Wildbienen und Hummeln - dafür hat es sich dann ja auch gelohnt :)

    Letztens waren wir in einem Naturschutzgebiet wandern, da konnte man in kurzer Zeit noch viele Arten sehen: Kleiner Fuchs, mehrere verschiedene Dickkopffalter, Kaisermantel, Schwarzspanner, Schachbrettfalter und einige mehr. Unser Highlight des Tages war eine große Anzahl von Widderchen.

    Viele Grüße,
    Andreas

    Ich bin aktiv bei Insekten Sachsen und iNaturalist und versuche vor allem bei sechsbeinigen Wesen zu erfahren, was da so krabbelt oder herumfliegt ;)

  • Hier wird ein bisschen was durcheinander geworfen. Das genannte Insektensterben bezieht sich nicht auf ein Aussterbeereignis einer oder mehrerer Arten, sondern darauf, dass sich die Gesamtmasse der Insekten, genauer der Fluginsekten (also die ständigen Flieger wie Schmetterlinge, Dipteren und Hymenopteren, so wie Libellen) deutlich verringert hat. dokumentiert über mittlerweile einen Zeitraum von rund 30 Jahren. Das kann zwar auch Aussterbeereignisse beinhalten, muss es aber nicht zwingend.

    Der Kleine Fuchs (Aglais urticae) unterlag, genau so wie z.B. Inachis io, schon immer starken Schwankungen in der Populationsstärke. Bei diesen Arten folgt auf ein Jahr mit extrem vielen Faltern immer eine Zeit mit nur wenigen Sichtungen, bzw. sogar scheinbar komplett fehlenden Tieren. Man wird hier merken, dass der Kleine Fuchs in ein, zwei oder drei Jahren wieder regelmäßig vertreten sein wird und in einigen Jahren wieder sehr Individuen stark auftreten wird, nur um dann wieder in der Versenkung zu verschwinden. Beim Distelfalter ist das nicht anders. Nur das diese Art bei uns bisher nicht überwintern kann (im Gegensatz zum Admiral, der das mittlerweile seit mehr als einem Jahrzehnt sehr gut schafft) und erst aus dem Süden einwandern muss. Sind die Populationen im Süden schwach, gibt es keinen Populationsstress und ergo auch keinen Grund für die Falter in irgendeiner form einen langen beschwerlichen Weg nach Norden auf sich zu nehmen. Auch das wird sich wieder ändern. In einigen Jahren wird man wieder vereinzelte Falter finden, ehe es dann mal wieder zu einem Massenereignis kommt, bei dem man sich fragt, wo die auf einmal alle herkommen. Das hat aber mit dem Insektensterben NICHTS zu tun, sondern sind die natürlichen Schwankungen, denen diese Arten unterliegen und schon immer unterlegen haben.

    Die diversen Projekte, die in Zusammenhang mit dem Insektensterben stehen, sind eigentlich eine "Mogelpackung". "Mogelpackung" in Anführungsstrichen, weil sie diese Bezeichnung nicht zwingend verdient haben. Wer aber bei den unterschiedlichsten Projekten darauf hinweist, dass man dem Insektensterben entgegen wirken möchte, der hat entweder die Zusammenhänge, bzw. das Insektensterben an sich nicht verstanden, oder aber er versucht nur auf dieser Welle mit zu reiten, um ein Stück weit die Aufmerksamkeit auf sein Projekt zu ziehen, oder er versucht schlicht vom finanziellen Kuchen ein Stück für sein Projekt abzubekommen. Um das Insektensterben wirklich bekämpfen zu können, müssen wir die Zusammenhänge erst mal verstehen. Diesbezüglich laufen unterschiedlichste Untersuchungen. Im Endeffekt wird es aber nicht auf Biotopschutz oder ähnliches hinaus laufen. Denn selbst geschützte Biotope weisen gravierende Veränderungen auf. Die Problematik wird wohl eher in unserem Umgang mit der Landschaft, und hier in besonderem Maße mit der Industrialisierung des Ackerbaus und der Viehzucht zu tun haben. Zu wenig Natur, zu viele Medikamente, zu viele Gifte für möglichst hohe Erträge, die möglichst sortenrein geerntet werden können.

    Viele Grüße
    Klaas

  • Die Problematik wird wohl eher in unserem Umgang mit der Landschaft, und hier in besonderem Maße mit der Industrialisierung des Ackerbaus und der Viehzucht zu tun haben. Zu wenig Natur, zu viele Medikamente, zu viele Gifte für möglichst hohe Erträge, die möglichst sortenrein geerntet werden können.

    Schön wäre ein Umbau (Rückbau) der industriellen Landwirtschaft.

    Ich habe die Tage aber im Fernsehen einen Vertreter der Agrarindustrie zu diesem Thema (EU-Subventionsverteilung) sinngemäß sagen hören:

    (Achtung überspitzt) Wenn wir nicht genauso viel kaputtmachen dürfen wie die Anderen, sind wir international nicht mehr konkurrenzfähig!

    Na, was sagt uns das?

    Viele Grüße
    Burkhard

    Einmal editiert, zuletzt von burki (22. Juli 2020 um 00:20)

  • Schön wäre ein Umbau (Rückbau) der industriellen Landwirtschaft.

    Ich habe die Tage aber im Fernsehen einen Vertreter der Agrarindustrie zu diesem Thema (EU-Subventionsverteilung) sinngemäß sagen hören:

    (Achtung überspitzt) Wenn wir nicht genauso viel kaputtmachen dürfen wie die Anderen, sind wir international nicht mehr konkurrenzfähig!

    Na, was sagt uns das?

    Ja ,so sind die - es ist traurig wie unsensibel da argumentiert wird !

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !

  • Schön wäre ein Umbau (Rückbau) der industriellen Landwirtschaft.

    Das wäre wünschenswert. Aber ist das auch umsetzbar? Alle bieten bio an, aber hast Du irgendwo schon mal einen Biobauern gesehen? Ich sehe bei uns immer nur Industriewüste in der Landwirtschaft. Riesengroße Felder, ohne Ackerrand, Mais bis zum Horizont, Kühe sind draußen kaum noch zu sehen, von Schweinen oder Hühnern mal ganz zu schweigen. Hast Du ein Getreidefeld, fehlen Klatschmohn und Kornblume auf weiter Flur, weil alles, was kein Getreide ist, direkt weggespritzt wird, weil der Bauer für den Sack Getreide ohne andere Bestandteile darin, mehr bekommt, als für das Biozeugs (das nicht mal definiert ist). Und die Politik hat angst die Landwirte mal wieder in die eigene unternehmerische Verantwortung zu schicken und subventioniert lieber jeden Scheiß, weil es ja auch Wähler sind...

    Viele Grüße
    Klaas

    Edit: Es wäre auch zu prüfen, was die immer stärker zunehmenden Häufigkeit der Prozessionsspinner und dem damit immer häufigeren Einsatz von Häutungshemmern für Auswirkungen auf das Insektensterben hat. Denn die Häutungshemmer sind nicht artspezifisch, sondern zielen nur auf den hormonellen Ablauf der Häutung von wirbellosen. Damit sind diese Hemmer zwar nicht giftig, aber da sie versprüht werden, werden sie mit dem Wind auch verdriftet und wirken sich nicht nur da aus, wo sie eingesetzt werden, und nicht nur bei der Art, gegen die sie eingesetzt werden, sondern gegen alles, was auf die gleiche Art und Weise wächst. Also alle Insekten, Spinnentiere etc. Die einzigen Bereiche, die der Hemmer nicht erreicht, sind mitten im Holz, weil sie Holz nicht durchdringen können, so dass Arten die sich im Holz entwickeln (nicht im Holzmulm) davon nicht oder kaum betroffen sind, und im Boden, weil der Hemmer weitestgehend oder komplett zerfallen ist, bevor er vom Regen nennenswert in den Boden gespült wird (obwohl man auch das noch untersuchen müsste). In so fern haben wir eine Menge Baustellen...

  • Hallo Klaas,

    Hier wird ein bisschen was durcheinander geworfen.

    ja das stimmt, das Thema hat sich etwas anders entwickelt als erst gedacht. Den Distelfalter wollte ich mit dem hiesigen Insektensterben auch nicht in Verbindung bringen.

    Beim Distelfalter ist das nicht anders. Nur das diese Art bei uns bisher nicht überwintern kann (im Gegensatz zum Admiral, der das mittlerweile seit mehr als einem Jahrzehnt sehr gut schafft) und erst aus dem Süden einwandern muss. Sind die Populationen im Süden schwach, gibt es keinen Populationsstress und ergo auch keinen Grund für die Falter in irgendeiner form einen langen beschwerlichen Weg nach Norden auf sich zu nehmen. Auch das wird sich wieder ändern. In einigen Jahren wird man wieder vereinzelte Falter finden, ehe es dann mal wieder zu einem Massenereignis kommt, bei dem man sich fragt, wo die auf einmal alle herkommen.

    Vielen lieben Dank aber für diese Antwort, darum ging es mir in meiner ursprünglichen Frage. Die Wanderungen passieren also nur, wenn es große Populationen in der Heimat der Falter gibt.

    Viele Grüße,
    Andreas

    Ich bin aktiv bei Insekten Sachsen und iNaturalist und versuche vor allem bei sechsbeinigen Wesen zu erfahren, was da so krabbelt oder herumfliegt ;)

  • In so fern haben wir eine Menge Baustellen...

    Wohl wahr!

    Und wenn man eine gewisse Artenvielfalt erhalten will, muss das Umdenken und das Dazulernen ganz unten in der Bevölkerung anfangen. Nur dann kann es auch oben ankommen. Der Mehrheit ist dieses Thema (und ich spreche da aus Erfahrung) aber gelinde gesagt sch...egal.

    Thema hat sich etwas anders entwickelt als erst gedacht.

    Das kann vorkommen und ist eigentlich ein gutes Zeichen! :)

    Viele Grüße
    Burkhard

    2 Mal editiert, zuletzt von burki (22. Juli 2020 um 12:45)

  • Andreas,
    Distelfalter. Ich hatte Dich nur vertrösten wollen; irgendwann fliegen die auch wieder zu Dir, zu uns. Wann?? Das steht in den Sternen.

    Zum Sommerflieder: Ich erinnere mich, dass ich vor Jahren beim Nachbarn einen Strauch mit vielen Kleinen Füchsen sah - etwas neidvoll, denn mein Strauch wurde nicht besucht.
    Vergangene Zeiten. Aktuell: Inzwischen wachsen auf meinem Grundstück an die 10 solcher Sträucher.

    Das Interessante: Ein Strauch säte sich bei mir in diesem Jahr selber aus und wuchs an einer Stelle wo die Zweige bis auf einen Meter ans Haus reichen; vor allem, er steht solitär, also allein, und im sonnigen Bereich. Möglich dass seine Wurzeln besondere Nährstoffe finden; die vorherige Nutzung des Bereichs läßt das vermuten.
    An dem Nektar dieses Strauches laben sich etliche Falter. Sie lassen sich auch nicht stören. Bei den anderen Sträuchern ist kaum was los. Ein Bild vom Strauch zeige ich in meinem Forumsbeitrag 'Bei Kaffee und Kuchen'
    Warum das alles so ist kann ich Dir nicht sagen. Es gibt halt Dinge die sind wie sie sind.
    Gruß Hermann

    Einmal editiert, zuletzt von block (22. Juli 2020 um 13:47)

  • Hallo Klaas,

    ja das stimmt, das Thema hat sich etwas anders entwickelt als erst gedacht. Den Distelfalter wollte ich mit dem hiesigen Insektensterben auch nicht in Verbindung bringen.

    Ich spreche nicht davon, wie sich das Thema entwickelt, sondern dass hier der momentane Modebegriff des Insektensterbens falsch angewendet wird. von Insektensterben wird immer nur bezogen auf den Masseverlust in unserer Landschaft gesprochen. Es geht nicht um Arten, sondern um die Menge der Insekten, die mal vorhanden waren, im Verhältnis zur heute vorhandenen Insektenmasse. Nicht aufgedröselt nach Arten, oder Gattungen oder Familien oder gar Ordnungen, sondern der komplette Klumpatsch in einem Abwasch.

    Die Verwendung des Begriffs "Insektensterben" im Zusammenhang mit dem Aussterben der Schmetterlinge ist eine Vermischung von zwei völlig unterschiedlichen Begriffen. Das Schmetterlingssterben ist mit dem Begriff "Artensterben" verbunden. Der Verlust der Arten bei den Schmetterlingen in unserer Natur, weil immer mehr Arten auf die Rote Liste kommen und geschützt werden, weil ihre Verluste enorm sind oder waren (siehe z.B. Arten wie Schwalbenschwanz, Segelfalter, Schillerfalter, Eisvogel, Trauermantel, Großer Fuchs und viele andere, die lange Zeit in NRW entweder als ausgestorben/verschollen galten, oder in ihren Vorkommen nur auf einige wenige, oft kleine Areale beschränkt waren, bei denen seit Jahren eine Ausbreitung zu beobachten ist, was den Schluss zulässt, dass es sich bei ihnen einfach um Klimaprofiteure handelt, die verschwunden sind, weil es lange Zeit einfach im Schnitt zu kalt war). Vom Insektensterben kann man in diesem Zusammenhang nur sprechen, wenn es um die Gesamtmasse an sich geht. Die Frage wäre also, ob die Gesamtmasse der Falter in den letzten Jahren rückläufig ist oder nicht, was schwer nachvollziehbar ist. Das Insektensterben bezieht sich dokumentiert vor allem auf Hymenoptera und Diptera und nur bedingt auf alles weitere, was in Malaisefallen rein fliegen kann.

    Das Artensterben bei den Schmetterlingen ist Fakt, denn Arten wie z.B. Maculinea nausithous (oder wie auch immer er heute heißen mag) leiden nach wie vor unter dem Verlust ihrer Biotope und ihrer Lebensgrundlage, genau so wie viele andere Arten, die wenig flugaktiv und vergleichsweise standorttreu sind. Man bezog das aber auch lange Jahre, Jahrzehnte auf Arten, wie den Schwalbenschwanz und die anderen oben genannten Arten, die einfach "Vagabunden", also sehr mobil sind und ohne Unterlass den Standort wechseln und offensichtlich nur nicht mehr weiter nördlich auftauchten, weil es einfach zu kalt war. Historisch dokumentiert ist der Segelfalter meines Wissens z.B. von der norddeutschen Küste. Allerdings stammen diese "Dokumente" aus dem 19. Jahrhundert, wie vieles andere auch. Es wird einfach außer Acht gelassen, dass es bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts eine längere Warmphase gab, die entsprechendes Artenvorkommen begünstigte.

    Du siehst, die Sache ist nicht so einfach, wie sie auf den ersten Blick aussieht.

    Viele Grüße
    Klaas

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