Ist das Melanchra persicariae, die Flohkraut-Eule? => Halmeule (Mesapamea secalis/secalella)

  • Hallo liebe Naturfreunde,

    dieser Falter saß am 03.08.2016 an der Haustür (Rheinebene zwischen Heidelberg und Darmstadt).

    Gruß, Peter

    Liebe Grüße

    Peter

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    Aus meiner Lebensliste: Tiere aus meinem Garten:

    145 Falter (Album), 84 Käfer (Album), 50 Wanzen (Album)

  • Lieber Peter,
    nein, Melanchra persicariae ist das nicht. Die Flohkrauteule ist ein stattlicher Falter mit einer Länge von Kopf - Apex (= Flügelspitze) von 23 - 25 mm. Dein Tier war wesentlich kleiner, was am Foto natürlich nicht erkennbar ist. Melanchra persicariae ist +/- schwarz-weiß, die Nierenmakel stechen hervor wie der Mond in sternenklarer Nacht.

    Die Nierenmakel erinnert an ein Iglu im Schnee mit Schornstein: Das braun verschmutzte Iglu (grüner Pfeil) steht vollständig im Schnee, der Schornstein (blauer Pfeil) verläuft parallel zum Vorderflügelaußenrand (Costa).

    Dein Falter ist ein Halmeulchen, die haben eine Größe von ca. 15 - 18 (19) mm von Kopf - Apex.
    Am hervorstechendsten ist die helle Linie über den Franzen (blau), darunter stets dunkel. Die beiden Nierenmakel sind durch einen doppelte "Torbogen" (magenta) verbunden, und sehr oft sind die Adern, die an den Nierenmakeln vorbeilaufen, dunkel bestäubt, und die gelb markierte Ader endet so gut wie immer als dunkler Fleck in der Nierenmakel.

    Bei den Halmeulchen gibt es zwei Arten, die nach äußeren Merkmalen nicht unterschieden werden können:
    Kleine Getreide-Halmeule Mesapamea secalella
    http://www.lepiforum.de/lepiwiki.pl?Mesapamea_Secalella
    und
    Getreide-Halmeule Mesapamea secalis
    http://www.lepiforum.de/lepiwiki.pl?Mesapamea_Secalis

    Weiter geht es nur mit Genitaluntersuchung.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Liebe Sabine,

    allerbesten Dank für deine ausführliche Antwort. Allerdings habe ich mit den Größenangaben noch Probleme, was vermutlich daran liegt, dass der Laie Größe oft anders auffasst, als der Wissenschaftler.

    Erste Frage: Wie messe ich die Länge Kopf - Apex? Nur bei ausgebreiteten Flügeln? Oder kann ich bei meinem Bild einfach das Lineal anlegen (vorausgesetzt,ich habe eine Vergleichsgröße).

    Zweite Frage: In der Bestimmungshilfe des Lepiforums für Melanchra persicariae stehen unter Diagnose Bilder von aufgespannten Faltern mit Größenangaben, die von 34 bis 42 mm (Durchschnitt 39) reichen. Ist das die größte Ausdehnung auf dem Bild, also die Spannweite und / oder wie verhält die Angabe zum Abstand Kopf - Apex?

    Liebe Grüße, Peter

    Liebe Grüße

    Peter

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    Aus meiner Lebensliste: Tiere aus meinem Garten:

    145 Falter (Album), 84 Käfer (Album), 50 Wanzen (Album)

  • Lieber Peter,
    du stellst hier genau die richtigen Fragen. Eine Vorstellung von der Größe eines Tieres zu haben, ist für eine Bestimmung oftmals sehr hilfreich. Besonders dann, wenn es ähnlich aussehende Arten gibt, die dann aber unterschiedlich groß sind. In (guten) Büchern wie auch im Lepiforum findet sich oft die Angabe "Spannweite". Unter Spannweite wird das Maß in mm verstanden, die von Flügelspitze zu Flügelspitze gemessen wird, aber an einem "gespannten" = präparierten Tier, bei dem die Vorder- und Hinterflügel so drapiert sind, dass man alles sehen kann.
    Ich selbst kann nicht präparieren, aber wenn ich mal einen Falter tot auffinde, dann versuche ich schon, ihn zu spannen. Hier ein Beispiel:
    Xanthorhoe ferrugata - Dunkler Rostfarben-Blattspanner, Spannweite 25 mm

    An einem lebenden Tier kannst du keine Spannweite messen, also müssen andere Größenmessungen gemacht werden.
    Manche Spanner-Arten breiten in Ruhehaltung ihre Flügel breit aus. In solchen Fällen messe ich mit Lineal und notiere ich mir die
    Ruhestellungsspannweite:
    Eupithecia icterata - Schafgarben-Blütenspanner, Ruhestellungsspannweite 26 mm
    Die Spannweite wäre hier deutlich geringer als Ruhestellungsspannweite.

    Andere Spanner-Arten verdecken ihre Hinterflügel, und sie bilden ein Dreieck. Hier messe ich von Kopf - Apex:
    Perizoma blandiata - Augentrost-Kapselspanner, Kopf - Apex ca. 10 mm

    Federmotten, die fliegenden T-Bomber, halten ihre Flügel in der Regel rechtwinklig vom Körper abgespreizt, so dass sie aussehen wie ein T. Hier messe ich ebenfalls die Ruhestellungsspannweite:
    Pterophorus pentadactyla - Schlehen-Federgeistchen, Ruhestellungsspannweite 30 mm

    Platyptilia nemoralis - Riesen-Federmotte, Ruhestellungsspannweite ca. 30 mm

    Bei Eulenfaltern, die ihre Hinterflügel in Ruhestellung nie zeigen, notiere ich mir das Maß von Kopf - Apex
    Agrochola helvola - Rötliche Herbsteule, von Kopf - Apex 21 mm

    Bei sehr schmalen Faltern notiere ich oft die Sitzlänge:
    Homoeosoma sinuella - Wickler ohne dt. Namen, Sitzlänge 9 mm

    Und dann gibt es noch eine ganze Reihe von Zünsler-Arten mit ganz besonders langen Palpen. Hier lohnt es sich zu notieren, ob inklusive Palpen oder ohne gemessen wurde.
    Schoenobius gigantella - Riesenzünsler, Kopf - Apex 25 mm, Palpen 4 mm

    Wohl gemerkt, das sind eigentlich alles nur Hilfsmittel, die bei einer Bestimmung helfen können. Und ja, ich habe immer ein Lineal am Band um den Hals hängen, und ich notiere mir immer alles und schreibe es auch in eine Funddatendatei.

    Und dass diese Notiererei auch bei scheinbar alten Bekannten mal einen echten Schatz hervorbringen kann, habe ich schon selbst erlebt. Der

    a) Labkraut-Bindenspanner (Lampropteryx suffumata) sieht auf den ersten und zweiten Blick genau so aus wie der
    b) Sumpflabkraut-Bindenspanner (Lampropteryx otregiata).
    Als ich zufällig las, dass a) größer ist als b) und schon abgeflogen ist, wenn die ersten frischen b) vier Wochen später auftauchen, habe ich sämtliche Funddatendateien von a) durchgewühlt und bin so darauf gekommen, dass in meiner Wahl-Zweitheimat der im Salzburger Land sehr seltene b) auch im Archiv war - nur verkannt und falsch einsortiert.

    So, jetzt habe ich dich wieder ordentlich zugetextet.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Die Nierenmakel erinnert an ein Iglu im Schnee mit Schornstein: Das braun verschmutzte Iglu (grüner Pfeil) steht vollständig im Schnee, der Schornstein (blauer Pfeil) verläuft parallel zum Vorderflügelaußenrand (Costa).

    Liebe Sabine,

    was für geniale und einprägsame Bestimmungsmerkmale! :thumbup::18:

    Und dass diese Notiererei auch bei scheinbar alten Bekannten mal einen echten Schatz hervorbringen kann, habe ich schon selbst erlebt. Der

    a) Labkraut-Bindenspanner (Lampropteryx suffumata) sieht auf den ersten und zweiten Blick genau so aus wie der
    b) Sumpflabkraut-Bindenspanner (Lampropteryx otregiata).
    Als ich zufällig las, dass a) größer ist als b) und schon abgeflogen ist, wenn die ersten frischen b) vier Wochen später auftauchen, habe ich sämtliche Funddatendateien von a) durchgewühlt und bin so darauf gekommen, dass in meiner Wahl-Zweitheimat der im Salzburger Land sehr seltene b) auch im Archiv war - nur verkannt und falsch einsortiert.

    Der gerechte Lohn für dein unermüdliches und genauestes Arbeiten bei den Falterbestimmungen.Einfach vorbildlich!

    Viele Grüße
    Uwe

    "Leben ist nicht genug" sagte der Schmetterling."Sonnenschein,Freiheit und eine kleine Blume gehören auch dazu." (Hans Christian Andersen)






  • Lieber Uwe,
    @Moosfreund,
    danke für diese netten Worte! Einprägsam formulierte Bestimmungsmerkmale helfen vielleicht weiter als viele Worte der Beschreibung einzelner Merkmale. Und das funktioniert tatsächlich. Im Verein hatte ich gerade den Namen der Seladoneule (Moma alpium) nicht parat und sagte, ok die "Eule mit dem Brandenburger Tor im Analwinkel", und unser Sektionsleiter wusste sofort, welche ich meinte.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

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