• Hallo zusammen,

    am Wochenende war ich mal wieder im Sauerland. Was ich da zu sehen bekam, verschlug mir bald den Atem. Meine Freundin wohnt in einem Wandergebiet mit sehr hochen Fichtenanteil. Schon im August hab ich angesehen, wie ein Waldstück Baum um Baum kleiner wurde. Ein Mann erklärte mir, daß das wegen des Borkenkäfers notwendig sei. Die braunen Bäume waren wegen des Befalls bereits abgestorben. Die anderen sehen zwar noch gesund aus, sind aber auch bereits betroffen. Daher müssen auch sie gefällt und schnellstmöglich abtransportiert werden. Würde man sie stehen lassen, kann sich der Borkenkäfer weiter ausbreiten. Logisch. Erschreckend daran fand ich vor allem die Maschine, eine Harvester.

    Innerhalb von 30 Sekunden hatte sie einen Baum gefällt, die Äste entfernt, in Stücke gesägt und zum Abtransport abgelegt. Pro Minute verschwanden auf diese Art 2 Bäume. Innerhalb von einer Stunde können so 120 Bäume gefällt werden. Eine zweite Maschine zerschredderte mit einer unglaublichen Präzision die auf dem Boden liegenden Rinden und Äste. Auf diese Art hatte kein Käfer oder Larve eine Überlebenschance.

    Am Abend kam ich noch einmal dort vorbei und schaute mich etwas um. Selbst die auf Distanz noch gesund aussehenden Bäume waren bereits stark befallen.

    Hier sieht man sie Fraßgänge der Larven sehr gut mit den Brutkammern (Verpuppung) an deren Ende.

    An diesem Wochenende machten wir einen Spaziergang in die andere Richtung. Doch auch dort das gleiche Bild. Auch dort mußten ganze Waldstücke gerodet werden. Überall lagen die Bäume zum Abtransport bereit. Dieser Kahlschlag tat echt weh.

    Bei einem dieser Bäume riß ich ein Stück Rinde ab, um mir anzuschauen, wie es darunter aussieht und es verschlug mir den Atem.

    Die Borkenkäfer (Ips typographus) sind bräunlich. Bei den hier handelt es sich ausnahmslos um vor kurzem geschlüpfte und daher noch nicht ausgefärbte Käfer.

    Unweit davon entfernt, Larven.

    Markiert habe ich nur die Larven, wo ich genau sagen kann, daß es sich um welche handelt.

    Bis dahin habe ich mich noch nie mit dem Borkenkäfer beschäftigt. Ich wußte nur, es gibt ihn und er kann hohen Schaden anrichten. Jetzt hab ich das mal mit eigenen Augen miterlebt.

    Liebe Grüße
    Sabine II

    Solange es Menschen gibt die denken, dass Tiere nicht fühlen,
    müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken.
    (Noah)

    Einmal editiert, zuletzt von Natura (30. Oktober 2018 um 20:34)

  • Liebe Sabine II ,

    ganz eindrucksvoll dokumentierts du wie der Borkenkäfer dieses Jahr
    besonders der Fichte zusetzt.
    Dieser starke Befall ist wohl der Trockenheit geschuldet.

    Trockenheit,Borkenkäfer und dann noch der Harvester,armer Wald.

    Ich bin ja nun sehr oft in verschiedenen Waldgebieten unterwegs.
    Überall lagern befallene Fichenstämme und warten auf die Abfuhr.

    Grüßle Wiltrud

  • Liebe Sabine II,
    wirklich sehr eindrucksvoll - und traurig. Dass der Borkenkäfer dieses Jahr besonders starke Schäden anrichtet, habe ich auch schon gelesen, auch in Österreich soll er heuer besonders aktiv sein. Aber so wie du es hier zeigst, habe ich es noch nie mit eigenen Augen gesehen. Ich bin jetzt mal sehr gespannt, ob Klaas sich aus Käferersicht dazu noch äußert.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Hallo Sabine II,

    vielen Dank für die Borkenkäferdokumentation! Die Harvester, wie die kanadischen Baumerntemaschinen genannt werden, toben bei uns schon seit 3 Jahren durch die Wälder. Unser Umweltministerium hat angeordnet, alle reinen Fichtenbestände in Mischwälder umzuwandeln. Seitdem geht es damit vorwärts. Vom letzten Sturm sind noch längst nicht alle Schäden beseitigt.

    Gruß Martin

  • Was ich mich beim Thema Borkenkäfer ja immer wieder frage.... Gibt es außer einem ökonomischen noch irgendeinen anderen sinnvollen Grund diese Bäume zu fällen? Ich fürchte die Antwort ist NEIN, oder???

    Ich denke daher, dass der Satz von @Natura "Auch dort mußten ganze Waldstücke gerodet werden." so nicht ganz passt, bzw. eher aus der Sicht der ForstWIRTSCHAFT zu sehen ist. Müssen muss man in der Natur nur wenig.

    Durch die ganzen "Trockenheitsopfer" hatte ich mal kurz die Hoffnung auf einen höheren Totholzanteil im Wald und dadurch eine höhere Zahl an holzbewohnenden Insekten, aber ich denke, dass sich dieser Traum wohl nicht erfüllen wird :angry:

    ’’Wenn man die Natur wahrhaft liebt, so findet man es überall schön.‘‘
    Vincent van Gogh

  • Lieber Peter,

    Borkenkäfer und Harvester sind das Beste, was diesen Fichten-Monokulturen passieren kann!

    aber nur, wenn nicht mit Monokultur wieder aufgeforstet wird.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Moin,
    ich sag' es passend zum heutigen Halloween mal ganz ketzerisch:

    Borkenkäfer und Harvester sind das Beste, was diesen Fichten-Monokulturen passieren kann!

    Gruß Peter

    Ich sag es mal genau so ketzerisch: Recht hadder, der 66. Peter. Selbst wenn mit Fichtenmonokultur wieder aufgeforstet wird, denn dann hat der Waldbauer nichts kapiert und arbeitet schon jetzt daran, dass er irgendwann ruiniert ist und ggfs. jemand schlaueres dann die Flächen aufkauft.

    Die fichten sind mit Sicherheit primär durch die Trockenheit geschädigt. Da sie sich nicht oder kaum wehren können (es fehlt einfach Wasser, um ausreichend Harz zu produzieren, um mit diesem die durch die rinde eindringenden Käfer zu ersäufen), kommt es zur Massenvermehrung der Borkenkäfer. Ab einem gewissen Grad sind die Borkenkäfer dann so massenhaft vertreten, dass sie selbst gesunde Bäume angehen können. Diese töten zwar mittels Harz die eindringenden Käfer ab. Da sie aber nicht unendlich viel Harz produzieren können, müssen sie irgendwann dem Massenansturm nachgeben.

    Mir tut der Anblick nicht weh. Solche, sorry für die harten Wörter, scheiß Wälder gehören eh wegradiert. Der Harz war mal Laubwald und nur in den höchsten Höhen standen Nadelbäume mehr oder weniger in Monokultur. In diesen beschissenen, biologisch nahezu toten Wäldern, kann neben dem Borkenkäfer gerne noch manch anderes Glück toben. Nonne (Lymantria monacha), Herbststürme, die sämtliche Bäume umlegen etc. pp.

    Viele Grüße
    Klaas

    P.S.: Die zweite Larve in der Fotoserie ist eine Dipterenlarve. ;)

  • Hallo,

    Kahlschlag, Mahd und ähnliches sieht für unser Auge immer sehr katastrophal aus. Aber nicht selten trägt der Teufel Prada. So ein gelb blühendes Rapsfeld bis zum Horizont zum Beispiel sieht auch schöner aus, als es ist. Bei diesen monokulturellen Forsten ist es ähnlich. Zum Glück werden die immer untypischer für unsere Landschaften, anders als die Rapsfelder..

    Nichtsdestotrotz, die Bilder die du zeigst finde ich sehr spannend. Sie vermitteln einen guten Eindruck von der Situation. Vielen Dank dafür.

    Liebe Grüße
    Aj

  • Herzlichen Dank für eure Antworten und eure Meinungen darüber. Sicher ist so eine Monokultur nicht im Interesse der Natur, aber darum ging es mir in dem Moment auch gar nicht. Sondern darum, wie schnell so ein Wäldchen verschwindet und wie kahl es danach aussieht und das fand ich erschreckend. Sicher werden sie das wieder aufforsten, aber für meine Generation ist das Bild eines Waldes dahin. An anderer Stelle haben sie schon aufgeforstet (wenn man das so nennen kann). Aus dem Fichtenwald wurde ein Weihnachtsbaum-Wald. Na toll.

    Liebe Grüße
    Sabine II

    Solange es Menschen gibt die denken, dass Tiere nicht fühlen,
    müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken.
    (Noah)

  • Hallo Sabine II,

    ergänzend zu den Worten von Peter und Klaas möchte ich anfügen das es sich nicht nur um Monokulturen handelt sondern diese möglicherweise auch noch auf ungeeignetem Gebiet angepflanzt wurde.
    Ergebnis einer solchen Forstwirtschaft sind dann öfters Borkenkäfer oder Windwurf.

    Allerdings sollte man den Förstern oder Waldbesitzern zu Gute halten das in der Forstwirtschaft ja in sehr langen Zeiträumen geplant werden muss.
    Bei Fichte wird eine Umtriebszeit von 80 - 120 Jahren angegeben. Wer kann heute schon sagen was in 100 Jahren sein wird und wie sich bis dahin das Klima entwickeln wird.
    Und Aufgabe der Forstwirtschaft ist nun mal nicht Naturparadiese zu schaffen sondern günstiges Holz für die Industrie zu liefern.
    Wer allerdings heute noch auf Fichtenäcker setzt muss schon sehr optimistisch in die Zukunft sehen.

    Viele Grüße
    Frank

  • Hallo Sabine II,

    ergänzend zu den Worten von Peter und Klaas möchte ich anfügen das es sich nicht nur um Monokulturen handelt sondern diese möglicherweise auch noch auf ungeeignetem Gebiet angepflanzt wurde.
    Ergebnis einer solchen Forstwirtschaft sind dann öfters Borkenkäfer oder Windwurf.

    Allerdings sollte man den Förstern oder Waldbesitzern zu Gute halten das in der Forstwirtschaft ja in sehr langen Zeiträumen geplant werden muss.
    Bei Fichte wird eine Umtriebszeit von 80 - 120 Jahren angegeben. Wer kann heute schon sagen was in 100 Jahren sein wird und wie sich bis dahin das Klima entwickeln wird.
    Und Aufgabe der Forstwirtschaft ist nun mal nicht Naturparadiese zu schaffen sondern günstiges Holz für die Industrie zu liefern.
    Wer allerdings heute noch auf Fichtenäcker setzt muss schon sehr optimistisch in die Zukunft sehen.

    Viele Grüße
    Frank


    Nun ja..., im Grunde genommen hast Du Recht, nur dass ein halbwegs brauchbarer Förster eigentlich wissen muss, für welche Arten sein Boden geeignet ist und für welche nicht. Die wissen ja sogar, welche Pappel wie nahe am Wasser stehen darf und setzen sie, wenn sie keinen Mist bauen, entsprechend. In so fern muss jeder Förster, dessen Böden dafür ungeeignet sind, sofort "Nö!" sagen, wenn da fichten stehen sollen. Mal davon abgesehen, dass Fichten an vielen Stellen stehen, wo sie von Natur aus, wenn überhaupt, als einzelne Stämme in einem Laubwald stehen würden. Wenn ich hier am Niederrhein durch die Wälder gehe, sind durchaus große Flächen von der falschen Baumart bestanden. Man erkennt aber auch den Einfluss der Zeche (Kieferbestände) und den Wunsch Baumarten zu haben, die nicht oder kaum von Schädlingen befallen werden, wie z.B. die Roteiche aus Nordamerika, die zudem wohl ein wenig schneller wächst, als die heimischen Arten (Quercus robur, Q. petraea, Q. pubescens). Aber das Holz ist eben auch nicht vergleichbar mit dem sonstigen Eichenholz. Also war auch hier mehr der Wunsch der Vater des Gedanken. sie werden aber schlauer. Wenn auch nur langsam. ;)

    Viele Grüße
    Klaas

  • Ein Waldbesitzer sagte mal zu meiner Freundin: "Ich sehe hier keinen Wald, sondern eine Plantage." So ist es leider, ein Wald ist eben heut zu tage kein natürlicher Wald mehr, sondern eine "Geldeinnahmequelle". Ich als Spaziergänger betrachte einen Wald dagegen mit ganz anderen Augen.

    Liebe Grüße
    Sabine II

    Solange es Menschen gibt die denken, dass Tiere nicht fühlen,
    müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken.
    (Noah)

  • Hallo Sabine,

    ganz streng genommen hat der Mensch schon seit der Steinzeit die Zusammensetzung der Urwälder beeinflusst.
    ( Förderung der Haselnuss, Rodungen und Jagd )
    Spätestens seit der Industrialisierung ist es mit der unberührten Natur auch dort vorbei wo noch nie ein Mensch einen Baum gefällt hat.
    ( Globale Verteilung von Abgasen, Nutztierhaltung, Stickstoffeintrag und Bodenversauerung )
    Die einzige Möglichkeit wieder echte von Menschen total unbeeinflusste Urwälder zu bekommen würde die Abschaffung der Menschheit erfordern.
    Und selbst dann müsste man noch viele Jahrhunderte abwarten.

    Keine Option meiner Meinung nach.
    Ich mag keine so langen Wartezeiten :D

    Also freue ich mich an den Wäldern die einigermaßen Naturnah aussehen und tröste mich beim Anblick von gefällten Bäumen mit dem Gedanken das für unseren
    Holzbedarf nicht nur Bäumen in Sibirien oder im tropischen Regenwald gefällt werden.
    Den dort sind die Holzfäller sicherlich noch weniger auf Nachhaltigkeit bedacht als bei uns.

    Viele Grüße
    Frank

  • Ich mag keine so langen Wartezeiten

    Lieber Frank,
    soweit ich das beurteilen kann, müsstest du auch gar nicht so lange warten. Ich gehe nämlich davon aus, dass du dann ebenfalls abgeschafft wärst.

    Die einzige Möglichkeit wieder echte von Menschen total unbeeinflusste Urwälder zu bekommen würde die Abschaffung der Menschheit erfordern.
    Und selbst dann müsste man noch viele Jahrhunderte abwarten.

    Vom Menschen beeinflusst wären die Wälder wohl auf alle Zeit. Lediglich erkennbar wäre der Einfluss der Menschen nach dieser langen Zeit wohl nicht mehr. Aber das geht auch mit weniger drastischen Maßnahmen. Die deutschen Nationalparks sind ja in den größten Teilen ihrer Fläche so konzipiert, dass sie sich selbst überlassen werden.

    Ich gebe dir übrigens Recht, dass die Holzgewinnung an sich in Deutschland wohl mehr Vor- als Nachteile in der Gesamtbilanz mit sich zieht.
    Ich sehe Deutschland aber auch in der Verantwortung, als ehemals waldreiches Land seine Flächen in einen natürlicheren Zustand zu überführen. In meinen Augen ist zwar das Handeln gewisser Politiker, die ihre Urwälder roden lassen, absolut unverantwortlich, ich finde es aber ebenso unfair, diese Länder auf ihrer "Bürde" alleine sitzen zu lassen. Die Grüne Lunge ist ja erst dadurch entstanden, dass alle anderen Wälder zerstückelt oder komplett gerodet wurden.
    Dennoch sind die Urwälder in den Tropen aufgrund ihrer Artenvielfalt etwas, das nicht zerstört werden dürfte.

    Beste Grüße,
    Stefan

    ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    Lifelist:
    Vögel:
    - Deutschland: 276, Seidenschwanz

    - Welt (2024): 301 (109), Seidenschwanz (Waldschnepfe)

    - (Garten): 120, Kurzschnabelgans

    Wirbellose: 1.626, Gibbaranea bituberculata

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!