Alm 2018: Welche Köcherfliege #3? => Potamophylax latipennis ♂

  • Liebe Naturfreunde,

    Hier kommt die dritte von gestern Abend:
    Funddaten: Österreich, Bundesland Salzburg, Pinzgau, Salzburger
    Schieferalpen, Maria Alm, Berg Natrun, 1100 m, am Licht, 7. September 2018
    Ein Fließgewässer ist in ca. 50 m Entfernung vorhanden, ein Bach keine 100 m von der Quelle entfernt.

    Die Köcherfliege misst 22 mm vom Kopf bis zur Flügelspitze.
    Ich denke, dass es vermutlich dieselbe Art wie die angefragte #1 ist, also eine Potamophylax spec (Familie Limnephilidae), Zeichnung und Größe sind fast gleich.
    Und auch dieses Exemplar ist wieder sichergestellt.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Lieber Jürgen,
    auch hier bedanke ich mich herzlich für die Bestimmung! Potamophylax latipennis scheint am Natrun eine etwas häufigere Art zu sein.
    Ob das so bleibt, ist offen.

    Durch dieses Stückchen Wald floss der Bach, aber auch dieser Teil wurde vom Eigentümer gerodet (nein: geerntet!), der Bach eingetunnelt und nach Entfernen der Baumstümpfe mit Bagger ein neues Bachbett gebaut. Es sind übrigens 2 Quellen, die nach ca. 20 m vereinigen. Nach weiteren max. 20 m kommt die Untertunnelung auf einer Länge von ebenfalls ca. 20 m. Auch dahinter bergabwärts wurde das Bachbett schwer beschädigt und neu angelegt. Mal sehen, was in den nächsten Jahren übrig bleibt.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Liebe Sabine,

    ja, da kann man wirklich nur den Kopf schütteln über die Gedankenlosigkeit, mit der hier wertvolle Köcherfliegenbiotope zerstört werden :72: ! Prof. Hans Malicky, einer der bedeutendsten lebenden Köcherfliegenexperten hat in seinen Arbeiten wiederholt auf die Gefährdung der Köcherfliegenbestände durch Gewässerverbauungen hingewiesen. Nachfolgend einige Zitate aus seinen Artikeln:

    "In den letzten Jahren sind in verstärktem Maße technische Verbauungen von Bächen und kleinen Flüssen durchgeführt worden, und die Tendenz ist weiter steigend. Im Gegensatz zu einer verbreiteten Meinung, daß die heutige Art der technischen Verbauung schonender wäre als die frühere, muß mit allem Nachdruck festgehalten werden, daß beide Formen gleich zerstörerisch sind. Das Besorgniserregende an der Situation ist aber ihre steigende Tendenz. Es sind nicht „die Sünden der Vergangenheit“ zu beklagen, sondern es werden eben jetzt viel mehr Bäche zerstört als je zuvor, weil niemals zuvor so viel öffentliches Geld dafür verfügbar war. Wenn eine Bachstrecke in „naturnaher“ Weise verbaut wird, dann ist mit einem völligen Verschwinden aller Köcherfliegenarten zu rechnen. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, daß sich die eine oder andere Art in kümmerlichen Beständen halten kann, aber das ist der normalen Erfassungsmethodik praktisch nicht mehr zugänglich. Es kann auch sein, daß sich neue Arten ansiedeln und sich unter Umständen massenhaft vermehren, aber das sind resistente Ubiquisten. Zunehmend wird von politischer Seite darauf hingewiesen, daß man jetzt schon zu einem Rückbau von Bächen (Schlagwort „Revitalisierung“) übergegangen sei. Dem muß mit aller Deutlichkeit entgegengehalten werden: Nach dem heutigen Stand unserer Kenntnisse der Rückbautechnik ist keine Verbesserung der Situation zu erwarten. Eine solche wäre durch gezieltes Sammeln von Erfahrungen an möglichst vielen Pilotanlagen zu erwarten, aber das bleibt noch auf sehr lange Zeit Zukunftsmusik. Die bisherigen winzigen rückgebauten Strecken haben kaum mehr als eine Alibifunktion. Die einzige derzeit mögliche positive Maßnahme ist eine sofortige Einstellung sämtlicher routinemäßigen Streckenverbauungen und die Beschränkung des Wasserbaus auf den unmittelbaren Objektschutz."

    Und an anderer Stelle: "Aus der „naturnah" verbauten Strecke der Antiesen waren vor der Verbauung 30, aus der der Melk 14 Arten von
    Köcherfliegen bekannt, nach der Verbauung fand man keine einzige mehr. Das sind nur zu deutliche Hinweise auf eine generelle Gefährdung unserer Bäche und Flüsse und ihrer reichen Fauna.
    "

    Das Schlimme daran ist, dass aus diesem Tatbestand keine Konsequenzen gezogen werden.

    Frustrierte Grüße
    Jürgen

  • Lieber Jürgen,
    Danke für deine traurig machenden Informationen. Demnach ist damit zu rechnen, dass im nächsten Jahr keine Köcherfliegen mehr anzutreffen sein werden. Ich habe es mir erspart, diese Baggerwüste zu fotografieren. Es war nämlich ganz, ganz schrecklich anzusehen.
    Ich weiß nicht, wie das in Österreich rechtlich ist. Der Wald gehörte ja einem Eigentümer. Und die Wälder auf dem Natrun sind allessamt Wirtschaftswälder. Ob da eine Fällgenehmigung eingeholt werden muss, weiß ich nicht sicher. Ich meine, dass diese erst ab einer gewissen Flächengröße nötig ist. Und wie es mit der Zerstörung des Quellgebiet dieses Kleinstbaches ist, der auch auf keiner Karte verzeichnet ist, weiß ich auch nicht.
    Mir scheint, dass diese Quelle ohnehin unbekannt ist.
    https://www.google.de/maps/place/Nat…81!4d12.9187362
    Auf der Karte sollte mit rotem Pfeil die Adresse Natrun 42 markiert sein, unterhalb davon die Haarnadelkurve, aus der das obige Foto gemacht wurde. Südwestlich UNTERHALB beginnt erst der Bach auf der Karte. Ich muss mal meinen Freund Guntram fragen, wie das mit wasserrechtlichen Genehmigungen aussieht.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

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