Nemophora degeerella? => Nemophora degeerella/scopolii

  • Hallo zusammen,

    vorgestern morgens saßen einige Gebänderte Langhornmotten Nemophora degeerella an einem Waldrand bei Neustadt (Holstein). Ich konnte sie in Ruhe ablichten und jetzt darf mal ein Experte einen Blick auf meine Bestimmungsarbeit werfen.
    Vielen Dank und beste Grüße
    Stefan

    Bilder

    Beste Grüße,
    Stefan

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    - Deutschland: 276, Seidenschwanz

    - Welt (2024): 301 (109), Seidenschwanz (Waldschnepfe)

    - (Garten): 120, Kurzschnabelgans

    Wirbellose: 1.626, Gibbaranea bituberculata

  • Grüß dich, Stefan,
    vor zwei Jahren hättest du die einfache Antwort "stimmt" bekommen. Inzwischen ist aber festgestellt worden, dass sich hinter dieser ehemals einen Art in Wirklichkeit drei verschiedene Arten verbergen:
    Nemophora degeerella (als dt. Namen kenne ich nur Degeers Langhornmotte)
    Nemophora scopolii
    und die aus dem Kaukasus bekannte Art
    Nemophora deceptoriella.
    Für Deutschland gilt daher Nemophora degeerella/scopoli.

    Siehe auch hier
    http://www.lepiforum.de/lepiwiki.pl?Nemophora_Scopolii
    den Abschnitt Taxonomie.

    Anmerkung: ich verschiebe in Insekten -> Bestimmungsanfragen

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Ach Mensch, immer diese Doppelarten. Das nimmt der Beobachtung immer ein wenig das Erfolgserlebnis, wenn man die Art doch nicht bestimmt bekommt.
    Aber ich danke dir für die ausführliche Antwort. Ich als Ornithologe kenne das auch, dass in den letzten Jahren Arten aus dem Boden der wissenschaftlichen Erkenntnisse spriessen, die noch nichtmal immer unbedingt von allen anerkannt werden.
    Naja, so bleibt mir immer noch das schöne Tier, dass ich beobachtet habe.
    PS: Ich dachte, ich hätte das in die Bestimmungsanfragen Insekten verfasst. Da muss ich wohl beim nächsten Mal genauer hinschauen.

    Beste Grüße,
    Stefan

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  • Hallo Stefan,
    na ja, in diesem Fall sind es nicht nur DNA-Erkenntnisse, sondern auch stabile morphologische Unterschiede. Allerdings meiner Meinung nach keine, die man mit bloßem Auge ausmachen kann. Die Splitteritis bleibt weiter in Mode.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Splitteritis, schön gesagt. Ich sage auch nicht, dass diese Arten nicht wirklich existieren. Bloß dass es schwer nachzuvollziehen ist und das den Spaß am Arten entdecken manchmal schmälert.

    Beste Grüße,
    Stefan

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  • Hallo Stefan,
    na ja, in diesem Fall sind es nicht nur DNA-Erkenntnisse, sondern auch stabile morphologische Unterschiede. Allerdings meiner Meinung nach keine, die man mit bloßem Auge ausmachen kann. Die Splitteritis bleibt weiter in Mode.


    Bei den Falterleuten ist es nach meiner Erkenntnis eigentlich inzwischen anders. Die Rücksplitteritis hat um sich gegriffen. Die Satyridae wurden als Unterfamilie Satyrinae zu den Nymphalidae gestellt. Inachis io und Aglais urticae wurden wieder zu den Nymphalis gestellt, also Nymphalis io und Nymphalis urticae und ihre alten Gattungsnamen haben nur noch den Rang einer Untergattung. Vanessa atalantha und Cynthia cardui (ehemals Vanessa cardui) wurden wieder gemeinsam in die Gattung Vanessa gestellt. Bei den Bläulingen sieht es ähnlich aus. Gattung Lysandra (Lysandra coridon, L. bellargus und weitere) wurden in die Gattung Polyommatus gestellt und erfreuen sich nun einer größeren Gattung zusammen mit Polyommatus icarus und anderen.

    Darauf warte ich bei den Käfern, weil hier die Splitteritis wohl seit einigen Jahren ihren Höhepunkt erreicht hat. eigentlich nicht nur die Splitteritis, sondern auch die Rechaberitis. Sprich die sogenannten Fachleute recherchieren alte Literatur und stellen fest, dass Artnamen und/oder Gattungsnamen nach den Regeln der binären Nomenklatur nicht korrekt sind. So haben wir die Gattung Necrophorus bei den Aaskäfern. Ein schlauer Mensch hat nun aber festgestellt, dass FABRICIUS diese Gattung 1775 als Nicrophorus veröffentlicht hat. Es gab lange Diskussionen um diesen Umstand und man geht davon aus, dass das "i" in Nicrophorus erst beim Setzen fälschlicherweise im Namen auftauchte. Daraus resultierend hat man halt gesagt, dass FABRICIUS die Gattung eigentlich Necrophorus nennen wollte und das alle lange Zeit gültig betrachtet. Nach den Regeln der binären Nomenklatur hat aber das Vorrecht, was tatsächlich veröffentlicht wurde. Ergo Nicrophorus. Der Schreiberling hat zwar Recht, aber die Regeln beinhalten auch die Möglichkeit einen Antrag auf Beibehaltung des bisher verwendeten und bekannten Namen zu beantragen. Daraus kann man aber keine Veröffentlichung machen, sich also nicht profilieren. Das Ergebnis haben wir nun schwarz auf weiß.

    Ich kann den Frust verstehen, denn ich finde die Splitterei und alles andere, was zu ständigen Namensänderungen führt, nervig und für den Anfänger abschreckend. Aber erklärt das mal den entsprechenden Leuten. Da geht Eigeninteresse vor Allgemeininteresse.

    Viele Grüße
    Klaas

  • Lieber Klaas,
    die Verschieberei von Arten von einer Gattung in eine andere hat aber Splitterei nichts zu tun. Ich weiß bei den Faltern nicht, wie aktuell dein Kenntnisstand ist, aber im Lepiforum wurde die Bestimmungshilfeseite von Polyommatus coridon letztes Jahr umbenannt in Lysandra coridon. Nach der Fauna Europaea steht das Tagpfauenauge derzeit nicht in der Gattung Nymphalis, sondern Aglais io und Aglais urticae sind dort als die gültigen Taxa gelistet.
    Unter Splitten habe ich immer den Vorgang verstanden, wenn von einer Art eine oder weitere Arten abgetrennt werden.
    Die Mykologen sind die Könige der Splitter, die "erfinden" ständig neue Arten. Aus dem Kahlen Krempling wurden 4 Arten (Paxillus involutus, Paxillus validus, Pax.illus obscurosporus und Paxillus vernalis.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Liebe Sabine,

    Aglais io und Aglais urticae sind immer noch besser, als Inachis io und Aglais urticae. Und nein, unter "Splitten" versteht man nicht das abspalten neuer Arten, sondern die Aufteilung einer Gattung, Familie und anderer in mehrere. So findet bei den Rüsslern seit Jahren die Splitterei schlecht hin statt. Ehemals alles Curculionidae, haben wir heute Attelabidae , Apionidae, Curculionidae etc. pp. Inzwischen ist die Gattung Rhynchites (Familie Rhynchitidae - ehemals Curculionidae, Unterfamilie Rhynchitinae) als solche kaum noch existent. Von ehemals sechs Arten sind nur noch zwei übrig geblieben. Die übrigen verteilen sich auf die Gattungen Involvulus und Mecorhis. Gattung Aphodius (Familie Scarabaeidae) ist gewissermaßen explodiert. Hier sind sämtliche Untergattungen in den Gattungstatus erhoben worden. Wer wie ich seit Jahrzehnten mit den Käfern arbeitet, findet nichts mehr wieder und fragt sich oft genug, woher die neuen Arten kommen, bis es einem dämmert. Auf die spitze treiben es, wenn ich den Gerüchten Glauben schenken darf, Leute wie Alonso-Zarazaga, seines Zeichens Fachmann für die Apionidae, der sich den Gerüchten folgend wohl über die Regeln der internationalen Nomenklatur hinweg setzen will und verschiedenen Apioniden den "richtigen" Namen geben will. Soll heißen, dass er revidiert und nach eigenem Empfinden Namen neu vergibt, weil die Alten falsch sind. Ich halte die Splitter schon für Bekloppt, aber wenn das wahr sein sollte, dann muss man A-Z jegliche Form der Intelligenz absprechen.

    Liebe Grüße
    Klaas

  • Liebe Sabine, lieber Klaas,

    diese Aufteilung von Gattungen und Umbenennung altbekannter Arten ist neuerdings eine Seuche geworden. Gottlob sind die Trichopterologen in dieser Hinsicht sehr konservativ, was sicherlich auch auf die Einstellung unseres "Papstes", Hans Malicky zurückzuführen ist. Ich zitiere ihn mal aus seiner 2005 erschienenen Arbeit "Ein kommentiertes Verzeichnis der Köcherfliegen Europas":

    In der Taxonomie ist seit jeher eine Tendenz vorhanden, bekannte und bewährte Namen zu ändern. Das ist das gute Recht jedes Autors, und in vielen Fällen sind solche Änderungen nach neuen Erkenntnissen naheliegend. In den meisten Fällen beruhen solche Änderungen aber nicht auf neuen wesentlichen Erkenntnissen, sondern auf Ausflüssen von gerade herrschenden Ideologien oder aus augenblicklichen Launen heraus. Eine frühere solche Ideologie war z. B. das Biogenetische Grundgesetz, jetzt ist es vor allem die Kladistik. Die Kladistik kann Schwestergruppen herausfinden, aber die Entscheidung, welchen Namen ein Taxon haben soll und in welche Gattung es zu stellen ist, verbleibt in jedem Fall der subjektiven Entscheidung des Autors.

    Dabei wird oft vergessen, was das oberste Ziel des "Code" ist: für eine größtmögliche Universalität und Stabilität bei den wissenschaftlichen Namen von Tieren zu sorgen. Alle Vorschriften und Empfehlungen sind diesem Ziel untergeordnet: "The principle of priority is to be used to promote stability and it is not intended to be used to upset a long-accepted name in its accustomated meaning by the introduction of a
    name that is ist senior synonym or homonym, or through an action taken following the discovery of a prior and hitherto unrecognized nomenclatural act." (Code § 23. 2).

    Darüber hinaus ist die dauernde Änderung von Namen eine Rücksichtslosigkeit den Kollegen und insbesondere ihren Datenbanken gegenüber. Aus anderen Insektenordnungen sind abschreckende Beispiele bekannt. Bei Gesprächen über Schmetterlinge ist der Zusatz "aber die Art hat früher anders geheißen" stehende Redewendung geworden. Die wohlbekannte Gattung Carabus (Coleoptera) mit 850 Arten wurde nach einer Untersuchung der DNS-Sequenzen in 137 Gattungen geteilt. Bei den Noctuidae (Lepidoptera) gibt es eine Art, die in der neueren Literatur folgende Namen trägt: Erastria fasciana, Thalpochares fasciana, Jaspidia pygarga, Lithacodia fasciana, Lithacodia pygarga, Protodeltode pygarga.

    Wir sollten versuchen, nach unseren Möglichkeiten gemeinsam dazu beizutragen, solche Auswüchse bei den Trichopteren zu verhindern.

    Dem ist nichts hinzuzufügen.

    Liebe Grüße
    Jürgen

  • Liebe Naturfreunde,
    als ich das Begriffspaar Splitter und Lumper das erste Mal las, war es im Zusammenhang der Aufspaltung des Kahlen Kremplings in 4 eigenständige Arten.
    Mit der ständigen Verschieberei von einer Gattung in die nächste und die Bildung neuer Gattungen sind ältere Bestimmungsbücher ganz schnell nicht mehr brauchbar. Wenn man da keine Quelle weiß, die auch Synonyme bzw. andere Kombinationen führt, ist man schnell am Ende der Fahnenstange.

    Klaas, was du über die Gattung Aphodius schreibst, darüber haben die Kollegen im Verein auch schon etwas ratlos debattiert. Das fängt von der Umbennung in Datenbanken und Katalogen an und hört beim Umstecken in der Sammlung auf.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Mit der ständigen Verschieberei von einer Gattung in die nächste und die Bildung neuer Gattungen sind ältere Bestimmungsbücher ganz schnell nicht mehr brauchbar. Wenn man da keine Quelle weiß, die auch Synonyme bzw. andere Kombinationen führt, ist man schnell am Ende der Fahnenstange.

    Genau das hindert mich ,noch mehr als ich schon habe , anzuschaffen !

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !

  • Liebe Naturfreunde,
    als ich das Begriffspaar Splitter und Lumper das erste Mal las, war es im Zusammenhang der Aufspaltung des Kahlen Kremplings in 4 eigenständige Arten.
    Mit der ständigen Verschieberei von einer Gattung in die nächste und die Bildung neuer Gattungen sind ältere Bestimmungsbücher ganz schnell nicht mehr brauchbar. Wenn man da keine Quelle weiß, die auch Synonyme bzw. andere Kombinationen führt, ist man schnell am Ende der Fahnenstange.

    Klaas, was du über die Gattung Aphodius schreibst, darüber haben die Kollegen im Verein auch schon etwas ratlos debattiert. Das fängt von der Umbennung in Datenbanken und Katalogen an und hört beim Umstecken in der Sammlung auf.


    Ich finde die Lösung denkbar einfach: ich muss nicht jeden Scheiß mitmachen, den sich irgendein Selbstbeweihräucherer aus der hintersten, unbrauchbarsten Hirnwindung raus drückt. Bei mir bleiben die Aphodien auch Aphodien und ich hinterlasse ggfs. die Info welcher Nomenklatur ich folge. Solcherlie Verhalten sollte entsprechenden Menschen den wind aus den Segeln nehmen, wenn es nur genug Leute gibt, die es mitmachen. Davon abgesehen werden wir in 10 oder 20 Jahren erleben, dass die Aphodien wieder in eine Gattung zusammen geschmissen werden, weil es nur eine subjektive Meinung ist. Nicht mehr und nicht weniger. Und ich werde mit hüten heute alles neu zu machen, um die Neumacherei demnächst rückgängig zu machen.

    Liebe Grüße
    Klaas

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