Ausflug in mein Schneckental

  • Hallo miteinander,

    nach langer Pause konnte ich wieder einmal in mein früheres Schneckenrevier fahren, in das Berntal zwischen Leistadt und Kallstadt an der Weinstraße. Natürlich war mir klar, dass im Winter keine Gehäuseschnecken aktiv sind und die alten, leeren Häuschen schon lange verspeist wurden. Aber voller Freude und Hoffnung wollte ich unbedingt versuchen, doch noch ein paar Schneckenhäuschen zu finden.

    Es war ein trüber und nasser Tag.

    Das Berntal ist insoweit eine Besonderheit, als es ein Quertal am Rande der Weinstraße (also zwischen Pfälzerwald-Randgebirge und Rheintal) ist, das von Kalkfelsen eingefasst wird. Im Tal selbst gibt es viel Buschwerk und auch alte Streuobstwiesen. Fast überall sind die Hänge neben den Wegen mit alten Trockenmauern aus Kalksteinen gesichert. Die Sonnenseite der Talränder ist in Terrassen angelegt, die früher mit Wein bepflanzt waren. Heute sieht man außer wucherndem Gebüsch nur noch kleinere Wiesenflächen. Oberhalb der Talränder wächst Wein.

    Die Talhänge werden an vielen Stellen von Kalkfelsen mit Magerrasen begrenzt. Das Gebiet steht unter Naturschutz.
    Für Gehäuseschnecken sind Gegenden, in denen Kalk vorkommt, sehr förderlich. In meiner Wohngegend Pfälzerwald kommt leider so gut wie kein Kalk im Boden vor.

    Gleich geht es mit Teil 2 weiter.

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

    Einmal editiert, zuletzt von Rosmarie † (21. Januar 2018 um 17:41)

  • Für mich verblüffend waren ein paar blühende Pflanzen. (Dort herrscht halt Weinstraßen-Klima.)
    Eine Nelke. Weiß jemand, ob das eine Karthäusernelke ist?

    Winterjasmin.

    Auf dem sonnigen, trockenen Magerrasen an den oberen Tal-Rändern standen noch viele alte Golddisteln.

    Der dritte und letzte Teil folgt gleich.

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Dazwischen lagen noch jede Menge alter Häuschen der Östlichen Heideschnecke (Xerolenta obvia, auch Weiße Heideschnecke).


    Warum im Westen die Östliche und nicht die Westliche Heideschnecke? Die gibt es nämlich auch. Geografisch gesehen wäre dies ja logischer. Aber die hier in Massen vorkommenden Gehäuse haben oft Streifen, die in starkem Kontrast zum hellen Untergrund stehen und die scharf abgegrenzt sind. Die Streifen der Westlichen oder Gemeinen Heideschnecke sind verwaschener, auch oft auf bräunlichem oder sogar rötlichem Grund. Diese Schnecken hier sind aber in ihrer Grundfarbe immer fast weiß. Auf ihrer Unterseite lösen sich bei manchen Exemplaren die Streifen in Bänder aus Punkten auf. Bei der Gemeinen Heideschnecke gibt es das nicht.

    Die Gehäuse, die ich fand, waren natürlich alle verwittert. Nur zwei Exemplare strotzten noch vor Schönheit und Kontrast. Als ich sie betrachtete, fiel mir der trockene Schleim in der Öffnung auf. Die zwei lebten also noch und waren sogar aktiv. Bei den Östlichen Heideschnecken kommt das angeblich auch im Winter vor.

    Östliche Heideschnecke

    Bei den Trockensteinmauern im Talgrund und an den Hängen leben viele Weiße Turmschnecken (Zebrina Detrita). Ihre stabilen Gehäuse erhalten sich länger als andere dünnschaligere Häuschen.
    Diesmal habe ich sogar drei junge Gehäuse gefunden. Das freut mich besonders, da ich jetzt weiß, wie es aussieht, wenn sie wachsen.

    Außerdem habe ich noch ein paar Riemenschnecken-Gehäuse gefunden (Helicodonta obvoluta). Die faszinieren mich wegen ihrer konkaven Delle in der Mitte und wegen ihrer “dreieckigen” Öffnung.


    Drei Glanzschnecken konnte ich auch noch entdecken. Vielleicht handelt es sich um die Große Glanzschnecke (Oxychilus draparnaudi), vielleicht auch um eine andere Art. Von Glanzschnecken gibt es viele Arten, die in Frage kommen könnten.


    Zuletzt fand ich noch ein Gehäuse, von dem ich im ersten Moment annahm, dass es ein kleines, verwittertes Bänderschnecken-Haus sein könnte. Aber es hatte einen deutlichen Nabel.
    Falls der 1/7 des Durchmessers ausmachen sollte, müsste es sich um eine Genabelte Strauchschnecke (Fruticicola fruticum) handeln. Falls er 1/5 des Durchmessers haben sollte, wäre es wohl eine Große Laubschnecke (Euomphalia strigella).
    Zwischen diesen beiden Schneckenarten blicke ich noch nicht durch. Für mich ist es schwer zu entscheiden, wo solch ein Nabel anfängt und wo er aufhört. Wie also muss ich messen?

    Zwei weitere winzige Häuschen ordne ich der gleichen Art zu.

    Meine Ausbeute an Gehäusen ist zwar nur eine winterliche. Aber sie erfüllt mich trotzdem mit Freude. ^^

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

    3 Mal editiert, zuletzt von Rosmarie † (21. Januar 2018 um 17:48)

  • Liebe Rosmarie,was für ein spannender,erfolgreicher Ausflug!
    Und sehr schöne Aufnahmen sind dir gelungen. :thumbup:
    Die Erläuterungen zu deinen Schneckenfunden finde ich sehr informativ und interessant. :thumbup:

    Viele Grüße
    Uwe

    "Leben ist nicht genug" sagte der Schmetterling."Sonnenschein,Freiheit und eine kleine Blume gehören auch dazu." (Hans Christian Andersen)






  • Lieber Uwe,

    du bist ein großzügiger Mensch. Ich freue mich riesig über deine lobenden Worte! Herzlichen Dank!

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Liebe Rosmarie ,

    Man kann sich so richtig in diese Tour hineinversetzen weil Du sowohl die gefundenen Arten als auch deren Lebensraum
    mit sehr guten Bildern dokumentiert hast . :thumbup:
    Dein Schneckenstudium trägt langsam Früchte - kensch di scho rechd guad aus ! :alright:
    So ein Spaziergang mit solch einer Ausbeute macht doch sehr zufrieden.

    Da würde ich mal gerne in der Hitze laufen ,ich könnte mir die Trockenmauern voller Reptilien vorstellen.

    Und ja ,ich finde auch ,daß die Turmschneckengehäuse sehr stabil aber auch wunderschön sind.

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !

  • Eine Nelke. Weiß jemand, ob das eine Karthäusernelke ist?

    Liebe Rosmarie ,

    Zumindest gehört Deine zu selben Gattung .
    Dianthus (gilt so lange bis @Peter66 sie anderswo hinschiebt)

    Im Gegensatz zu Martin ,bin ich mir was die Art anbelangt ,nicht so sicher .

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !

  • So ein Spaziergang mit solch einer Ausbeute macht doch sehr zufrieden.

    Da würde ich mal gerne in der Hitze laufen ,ich könnte mir die Trockenmauern voller Reptilien vorstellen.

    Lieber Werner,

    dieses Wiedersehen und Durchstreifen meines Schneckentals hat mich tatsächlich glücklich gemacht. Im Winter ist zwar nicht viel los. Aber ich denke auch, dass im Sommer jede Menge Eidechsen und vermutlich auch einige Schlangen dort mit Begeisterung herumkrabbeln und -kriechen werden.

    Meine Schneckenkenntnisse sind noch sehr bescheiden. Dafür dass hier nur ca. ein Dutzend Arten zu finden ist, sind meine Einordnungskenntnisse wirklich noch bescheiden. Aber Schnecken sind für mich einfach eine Augenweide und dazu äußerst interessante Zeitgenossen. :D
    Ich habe herausgefunden, dass im Naturkunde-Museum in Bad Dürkheim 300 Exponate zu finden sind. Am liebsten hätte ich mich heute gleich ins Auto gesetzt. Aber heute ist Montag... und in dieser Woche wird es dann wohl nicht mehr klappen.

    Danke für deine anerkennenden Worte! :)
    Und danke für deine Nelkeneinordnung. Eine Nelke ist es also zumindest. Was es genau ist, findet sich vielleicht im Sommer, wenn es wieder reichlich Exemplare gibt.

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Deine Nelke ist eine Steinnelke, siehe auch ; http://google.de/search?q=Steinnelke&…TAM#imgrc=qVysUYEXT83K1M:

    Lieber Martin,

    natürlich freue ich mich sehr, dass du dir diesen Beitrag angucken mochtest!

    Ob das wirklich eine Steinnelke ist, weiß ich nicht. Nelken scheinen eine schwieriges Geschäft zu sein. Bei Google sehen sich etliche recht ähnlich - zumindest für meine kenntnislosen Augen...

    Aber auf jeden Fall danke ich dir sehr! :)

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Liebe Rosmarie,
    was für ein schöner Schneckenausflug. Trotz Usselwetters finde ich die Stimmungen auf den 3 und 4 irgendwie mystisch. Die Weißen Turmschnecken gefallen mir, sie wirken wie aus Porzellan. Dass du sie bestimmen konntest beeindruckt mich, du hast dich da gut ins Thema eingefuchst.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Ich habe herausgefunden, dass im Naturkunde-Museum in Bad Dürkheim 300 Exponate zu finden sind. Am liebsten hätte ich mich heute gleich ins Auto gesetzt. Aber heute ist Montag... und in dieser Woche wird es dann wohl nicht mehr klappen.

    Es freut mich ,Dich in neu erwachter ,begeisterter Aktivität zu sehen .

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !

  • Liebe Sabine,

    danke für deine liebe Anerkennung! ^^
    Für einen normalen Laien habe ich mich vielleicht schon ein bisschen in die Schnecken eingearbeitet. Für einen Laien mit Ahnung aber noch lange nicht. Aber ich bin ja noch jung und habe noch viel Zeit... :79:

    Die Aufnahmen im Gegenlicht finde ich atmosphärisch auch besonders schön. Dabei sah die Realität nicht mystischer aus als bei den anderen Fotos. Glück muss man haben...

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Liebe Rosmarie,
    eine sehr schöne bebilderte Wanderung zeigst du uns!
    Und über deine Schneckenkenntnisse staune ich immer wieder.
    Auch wenn du sie als "laienhaft" abtust, sind sie für absolute Nichtkenner wie mich sehr aufschlussreich.
    Man erlebt deine Freude daran richtig mit.
    Liebe Grüße
    Sigurd

  • Man erlebt deine Freude daran richtig mit.


    Lieber Sigurd,

    ach, wie mich das freut! Für mich ist es tatsächlich das Wesentlichste überhaupt, mich an den Wundern der Natur, ihrer unglaublichen Vielschichtigkeit und ihrer Schönheit zu freuen.
    Wenn ich es dann schaffe, dass sich einer von euch ein bisschen mitfreuen kann, so ist das umso schöner für mich.

    Danke für deine lieben Worte!

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Liebe Rosmarie,
    jetzt muss ich doch auch noch endlich anmerken, wie schön, dass du uns auf diese Wanderung mitgenommen hast. Da ich was Schnecken angeht, die absolute Niete bin (ich kenne Cornu aspersum und damit hat es sich), haben mich deine Kenntnisse erfreut und bereichert. Danke dafür!

    Liebe Grüße
    Susanne

    "Ach, die Welt ist so geräumig, und der Kopf ist so beschränkt!" (Wilhelm Busch)

    Tierartenliste 2024 gesamt: 269, neu: 21, Vögel: 78, Nachtfalter: 50, Disteltiere: 17

  • Liebe Rosmarie,

    schön,dass Du uns an Deiner "Schneckenwanderung" teilnehmen läßt.
    So schön bebildert und beschrieben.
    Mir gefallen die unterschiedlichen Schneckenhäuser ungemein.


    Grüßle Wiltrud

  • Liebe Rosmarie,

    ganz zum Schluss komm ich auch noch daher....

    Es hat mir Freude gemacht, Deinen Bericht zu lesen und die Bilder dazu anzuschauen. Deine eigene Freude kommt richtig schön rüber!

    Und ich bin fasziniert, was Du über Schnecken weisst....

    LG Silke

  • Liebe Susanne, liebe Wiltrud und liebe Silke,

    dass ihr so freundliche und erfreuliche Worte findet, freut mich sehr! Vielen lieben Dank!

    Im Grunde zeigen meine Bilder nichts so Besonderes, wie fast alle eurer Berichte. Aber für mich liegen in diesem Tal auch im Kleinen und scheinbar Alltäglichen viele kleine Wunder und Freuden. Dass ihr mich nicht auslacht, im Gegenteil, meine Freude sogar nachvollziehen könnt, ist ein Geschenk!

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

  • Im Grunde zeigen meine Bilder nichts so Besonderes, wie fast alle eurer Berichte. Aber für mich liegen in diesem Tal auch im Kleinen und scheinbar Alltäglichen viele kleine Wunder und Freuden.

    So ein Bericht über ein kleines ,übrig gebliebenes Heimatrefugium bietet ,wenn man nur genau hinschaut ,interessanteres als mancher Film über
    Großraubtiere .Das kennen wir doch mittlerweile zur Genüge .

    Soll aber nicht heissen ,daß es nicht auch ganz tolle Film -Berichte über noch nie gesehene Naturschönheiten gibt .

    Weiter so ,liebe Rosmarie !

    Jeder weiss was ,zusammen wissen wir viel und insgesamt wissen wir viel zu wenig !

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