Gepanschter Rotwein zu Mitternacht

  • Hallo,
    Ende des vergangenen Sommers bin ich auf die Idee gekommen,mit einem oft beschriebenen Lockmittel den Nachtfaltern nachzustellen.
    Es war aber bereits Anfang September,aber einige milde Nächte könnten doch noch was bringen.Dachte ich zumindest!
    Die Lockbrühe war schnell angerührt: Rotwein,Malzbier und Zucker.Eigentlich sollte man dieses Zeug noch eine Weile zum Gären stehen lassen,aber dazu war keine Zeit mehr.Vor der Dämmerung auf die Rinde von Bäumen geschmiert,sollte der Duft dieses durchaus wohlschmeckenden :D aber auch extrem klebrigen Gebräus
    Falter anlocken. Einige Stunden später habe ich die Bäume mit der Kamera wieder aufgesucht.
    Um es vorweg zu nehmen: Was die Falter angeht kam es zu einem sehr überschaubaren Ergebnis.Ich hätte meine Tests früher im Jahr durchführen müssen,dies werde ich 2017 auch tun.
    Aber es gab auch Überraschungen! 8o

    Hier im Forum gab`s mal was zum Thema Hornissen bei Nacht zu lesen.Kann ich hiermit bestätigen,es könnte sich in den großen,uralten Bäumen durchaus ein Nest befunden haben.

    Das Käfer und andere sich so für die klebrige Brühe interessieren,hätte ich nicht gedacht.

    Goldgruben-Laufkäfer waren die häufigsten Besucher.Sie interssierten sich fast immer für die beim Bepinseln der Rinde heruntergetropfte Flüssigkeit .

    Auch der Große Lederkäfer stellte sich mehrfach ein (hier kommt von oben rechts noch was geschlichen!).


    Der Goldglänzende-Laufkäfer hingegen blieb abstinent,er war auf der Jagt nach Fleisch.

    Ebenso desinterssiert war der Weberknecht.

    Eine Waldschabe kostete zumindest mal.

    Am meisten habe ich mich aber über die Kreuzspinne gewundert,das die so was mag!Links oben im Hintergrund hockt noch eine kleinere Spinne,evtl. das Männchen??

    Ein mir nicht bekannter Zünsler fand sich ein.

    Nun zu den Faltern.Lange habe ich gesucht und denke,es könnte sich um die Pyramideneule (Amphipyra pyramidea) handeln.

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    Sehr ähnlich dieser Falter,aber die dunkle Linie und das helle Band im unteren Flügeldrittel ist nicht gerade,sondern winkelig.
    Amphipyra berbera ???
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    4.

    Beim letzten Falter kann man keine Ringmakel erkennen.er zeigt aber zumindest etwas vom Körper.
    Da ich,wie eingangs erwähnt,diese Ködertests erst im September (mehrfach) durchgeführt habe,waren die Falter schon ziehmlich abgeflogen,was für eine Bestimmung nicht gerade sehr förderlich ist.

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    5.

    Und hier noch eine Nahaufnahme.

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    Dieses Lockmittel hat übrigends zumindest einen Teil seiner Wirkung eine Weile behalten.Käfer konnte ich noch eine Woche später finden-Falter allerdings leider keine mehr!

    Bis demnächst mal wieder!

    Viele Grüße
    Uwe

    "Leben ist nicht genug" sagte der Schmetterling."Sonnenschein,Freiheit und eine kleine Blume gehören auch dazu." (Hans Christian Andersen)






  • Hallo Uwe,
    schöne Bilder.
    Bei dem Zünsler habe ich eine vage Vermutung, dass es sich um ein Agriphila spec. handeln könnte, ist aber unsicher.
    Mir ging es ähnlich. Ich habe mal ein Band mit Honig getränkt und in die Zypressen gehängt.
    Alles was ich anlockte waren Ohrenkneifer!
    Ich werd mir deinen Cocktail mal merken.
    Liebe Grüße
    Sigurd

  • Lieber Uwe, Du unterliegst dem Irrtum, dem viele unterliegen, die sich bisher eher schlecht als recht mit den Insekten befasst haben. Falter kannst Du im Prinzip das ganze Jahr über mit dem Rotweingebräu locken. Ab etwa Juli kommen die Ordensbänder dazu, die uns, je nach Art, bis in den September erhalten bleiben, Ab September tauchen dann die winteraktiven Arten auf. Im Sommer geht eine ganze Fülle Arten, vor allem eben Eulenfalter an das Gebräu. Ich habe aber z.B. im Dezember 2003 in Südfrankreich für einen Schmetterlingskollegen geködert und in den drei frostfreien Nächten, die ich hatte, annähernd 500 Tiere am Köder, bei Temperaturen knapp über 0 °C.

    An Käfern taucht etliches auf und auch an anderen Insekten. Deine Gartenkreuzspinne hat mich ebenso erstaunt, wie sie Dich vom Hocker gerissen hat. Aber "nüchtern" betrachtet macht das sogar Sinn, weil auch die Spinne vom Zucker profitiert.

    Du musst es einfach mehrfach versuchen, verschiedene Wetterlagen, verschiedene Mondphasen etc. Der Lockfaktor ist z.B. nach einer längeren Regenphase deutlich größer, weil deutlich mehr Falter unterwegs sind, da sie aufgrund des Regens in den letzten Tagen nichts gefuttert haben. Käfer kann man auch tagsüber am Köder finden. Die zeigen sogar zeitlich sehr verschobene Aktivitäten. So findest Du Rosenkäfer tagsüber am Köder (keine Ahnung, ob das in Deutschland auch funktioniert, aber in Frankreich erste Sahne), Bockkäfer der Gattung Purpuricenus erscheinen in den Mittagsstunden. Heldböcke erst in der Dämmerung usw.

    Versuch macht kluch. Immer wieder probieren und durchaus auch mal mehrere Tage hintereinander probieren, auch wenn der Abend oder die Abende davor schlecht war(en). Und auch mal bei Regen probieren. Ein verstorbener Schmetterlingskollege hat die Seltenheit einer winteraktiven, ich glaube Agriotes-Art aufgehoben, nachdem er zufällig bei schwachem Nieselregen geleuchtet hat und diese Art plötzlich in Massen anflog und sich genau dieses Ereignis bei genau diesen Verhältnissen von ihm und jedem anderen auch an anderer Stelle reproduzieren ließ. Warum nicht auch beim Ködern???

    Viele Grüße
    Klaas

  • Lieber Uwe,
    einen Falterbeitrag hatte ich bei dem Titel gar nicht erwartet. Immer wieder verblüfft es mich, dass so viele Leute es schaffen, Falter bei Nacht mit Blitz zu fotografieren. Das konnte ich nur mit meiner alten Kamera, mit der Canon geht das gar nicht. Es kommen nur verwaschene Klopse dabei heraus.
    Klass hat das schon prächtig und umfassend beschrieben. Manchmal kommen die Falter bei Bedingungen an, unter denen man sie überhaupt nicht erwarten würde. Regen und Nieselregen kenne ich aus Österreich auch als prächtiges Falterwetter.

    Zu deinen Arten: bei Nr. 1, 2 und 4 sehe ich Amphipyra pyramidea, bei Nr. 3 Amphipyra berbera, und bei Nr. 5 bin ich unsicher.

    Bei deinem Zünsler sehe ich Catoptria falsella:
    http://www.lepiforum.de/lepiwiki.pl?Fo…cht_Crambinae_6
    http://www.lepiforum.de/lepiwiki.pl?Catoptria_Falsella

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Hallo,
    danke für eure Rückmeldungen! :)


    Ich werd mir deinen Cocktail mal merken.

    Es gibt sehr viele Gebräue dieser Art,ich werde meines auch noch mal etwas verfeinern,also etwas gären lassen.


    Du musst es einfach mehrfach versuchen, verschiedene Wetterlagen, verschiedene Mondphasen etc.

    Worauf du dich verlassen kannst! Trotz der teilweise recht kläglichen Ergebnisse war es unglaublich spannend.Und da ich im Schichtsystem arbeite,bietet es sich geradezu an,nach der Spätschicht die beköderten Bäume abzusuchen.
    Tagsüber habe ich ab und zu auch schon kontrolliert,leider ohne Erfolg.
    Und das auch bei nasser und kalter Witterung Falter fliegen,habe ich voriges Jahr Ende Oktober und im November selbst schon beobachtet.Es war wirklich richtig nasskalt,nebelig und kaum 5 Grad und es sausten zu meiner Verwunderung mehrere Falter über den Weg.Und unglaublich schnell! 2 oder 3 mal konnte ich dies beobachten.Auf die Idee,zu ködern bin ich leider nicht gekommen.
    Ganz herzlichen Dank für deine sehr informative und umfassende Antwort.


    Lieber Uwe,
    einen Falterbeitrag hatte ich bei dem Titel gar nicht erwartet. Immer wieder verblüfft es mich, dass so viele Leute es schaffen, Falter bei Nacht mit Blitz zu fotografieren. Das konnte ich nur mit meiner alten Kamera, mit der Canon geht das gar nicht. Es kommen nur verwaschene Klopse dabei heraus.

    Liebe Sabine,dieser Titel war eine ganz spontane Idee welche mir beim Aussuchen der Fotos kam! :)
    Das Geblitze in der Nacht ist wirklich nicht so einfach und seeeeehr viele Aufnahmen landen im Papierkorb.Es ist tagsüber schon schwierig genug,den Fokuspunkt so zu setzen,daß was vernünftiges dabei raus kommt.Ich bewundere schon längere Zeit deine Insektenfotos,selbst bei den ganz Kleinen schaffst du es immer wieder,eine durchgehende Schärfentiefe zu erreichen 8o .Wer`s selber schon versucht hat,weiß,wie schwer das ist.Präzises Ausrichten der Kamera und eine ruhige Hand und viel Übung sind dafür notwendig!
    In der Nacht fotografiere ich immer mit Liveview und der Lupenfunktion,eine Stirnlampe dient zu Fokussieren und benutze fast immer den manuellen Modus.Erst reichlich Testaufnahmen machen und die Blitzstärke möglichst weit herunterdrehen.
    Leider verfälscht der Blitz manchmal die Farben oder es kommt zu unschönen Reflexen.Auch hier gilt:Probieren und Üben!
    Vielen Dank für die Bestimmung der Falter!
    Ich hänge mal noch einige Nachtaufnahmen mit an.

    Ich habe die Namen dieser Falter leider noch nicht ermitteln können,der fast weiße war aber wirklich sehr schön.
    Die schwache Zeichnung wird vom Blitz leider fast verschluckt.




    Noch ein anderer Fremder.

    Trotz aller Versuche wurde von diesen Falter nicht ein Foto richtig scharf!

    Viele Grüße
    Uwe

    "Leben ist nicht genug" sagte der Schmetterling."Sonnenschein,Freiheit und eine kleine Blume gehören auch dazu." (Hans Christian Andersen)






    Einmal editiert, zuletzt von Moosfreund (3. Februar 2017 um 12:45)

  • Lieber Uwe,
    bei den weiteren Unbekannten kann etwas geholfen werden.


    Cabera pusaria Weißstirn-Weißspanner


    Zünsler (Crambidae) Evergestis limbata


    eine Palpenmotte (Gelechiidae), für mich nicht bestimmbar.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Hallo Sabine,ganz herzlichen Dank für deine Falterbestimmungen. :thumbup:
    Eine Frage zum Weißstirn-Weißspanner hätte ich noch:
    Der sehr ähnliche Braunstirn-Weißspanner unterscheidet sich,wie sein Name schon sagt,durch seine dunkle Stirn unter den Fühlern.Ist diese deutlich dunkler als der restliche Kopf und gibt es noch andere Unterscheidungsmerkmale?
    Anhand meiner stark verkleinerten Bilder sehe ich dies nicht so ganz deutlich.Deshlb hier noch mal ein Ausschnitt vom Originalfoto.

    Auf dem Bild ist leider gerade die Stirn unter den Fühlern etwas abgeschattet und erscheint etwas bräunlich.
    Deshalb meine leichte Unruhe! :) Und wenn ich den Falter noch mal treffe,mach ich auch eine Aufnahme von vorn.
    Ist mir auch schon bei den Libellen passiert:von allen möglichen Seiten fotografiert,aber gerade die für die eindeutige Bestimmung (bzw.Bestimmungserleichterung) notwendige Frontansicht fehlte.

    Viele Grüße
    Uwe

    "Leben ist nicht genug" sagte der Schmetterling."Sonnenschein,Freiheit und eine kleine Blume gehören auch dazu." (Hans Christian Andersen)






  • Lieber Uwe,
    ich stütze mich da auf eine eigene Beobachtung: Bei Cabera pusaria sind die beiden äußeren Wellenlinien gerader als bei Cabera exanthemata. Ich habe gerade nochmal im Buch "Die Nachtfalter Deutschlands" nachgelesen, dort steht es auch so.
    Ziehst du eine Linie zwischen den beiden Punkten, an denen die äußere Wellenlinie auf den Vorder- und Hinterrand des Vorderflügels trifft, dann macht die Wellenlinie bei Cabera exanthemata einen deutlichen Bogen zum Flügelsaum hin, während bei Cabera pusaria die Wellenlinie annähernd gerade ist.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Hallo Sabine,
    danke für deine superschnelle Antwort,ich konnte leider nicht eben so schnell antworten.
    Um das gezeigte Unterscheidungsmerkmal deutlich sichtbar zu machen,habe ich eines der Fotos solange durch die Bildbearbeitung gezerrt,bis die vom Blitz fast geschluckte Zeichnung deutlich zum Vorschein kam.
    Bitte nicht erschrecken ,der Falter sieht jetzt etwas anders aus! :D



    Oder so!


    Also war deine Bestimmung von Anfang an absolut richtig,Weißstirn-Weißspanner :)
    Nochmals danke für deine Hilfe.

    Viele Grüße
    Uwe

    "Leben ist nicht genug" sagte der Schmetterling."Sonnenschein,Freiheit und eine kleine Blume gehören auch dazu." (Hans Christian Andersen)






  • Lieber Uwe,
    wie man das sichtbar macht, ist doch egal, Hauptsache man bekommt das Bestimmungsrelevante heraus.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

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