Alm 2015-09: Weberknechte

  • Liebe Naturfreunde,
    die Blühzeit ist total vorbei, Tagfalter Fehlanzeige... aber es gibt Weberknechte, und das in Mengen. Viele Arten leben synanthrop, d.h. in und an Häusern/Wohnungen, also meistens an Mauern und Wänden. Dort kann man sie ja auch leicht finden. Wie bei Insekten ist es viel schöner, wenn man sie im Freiland z.B. auf Blättern oder Ästchen zu finden. Ich hatte mehrfach Glück in dieser Hinsicht.

    Bei einer Wanderung am 05.10.2015 musste ich meinen Knien eine Pause gönnen, das letzte Stück ging über eine Straße mit für Knie sehr ungünstiger Neigung. Aber das Stück lag im Schatten und war auf einer Seite von einigermaßen senkrecht stehenden großen Felsen gesäumt. Daaa war er, der

    Ziegelrückenkanker - Leiobunum limbatum, Männchen
    http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Leiobunum_limbatum

    Eigentlich halten sich die Ziegelrückenkanker tagsüber in Höhlungen auf und sind nachtaktiv. Das war dann Glück, ihn tagsüber herumlaufend anzutreffen. Nach Spinnenwiki kann das zweite Laufbein, das bei den meisten Weberknechtarten das längste Bein ist, bis zu 92 mm lang werden. Wohlgemerkt 1 Bein! Daraus ergibt sich gleichzeitig eine gewisse Schwierigkeit beim Fotografieren der Weberknechte. Fotografiert man das ganze Tier, dann hat man viel Bein und wenig Tier auf dem Foto. Man muss daher eigentlich immer mindestens zwei Fotos machen. Dabei wird ein Männchen 3,9 bis 4,6 mm (Spinnenwiki) groß. Also eher klein. Die Beine weisen weiße Ringel auf.

    Es gibt auch noch einen "Kollegen" aus der Gattung mit schwarzem Rücken, den
    Schwarzrückenkanker - Leiobunum rupestre, persönlicher Erstfund
    http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Leiobunum_rupestre
    bei dem das Weibchen 5,5 bis 6,4 mm und das Männchen 3,6 bis 4,4 mm groß werden. Auch diese Art hat weiße Ringel und sehr lange Beine. Bei uns auf dem Berg hatte ich das Glück, von dieser ebenfalls nachtaktiven Art sowohl ein Männchen als auch zwei Weibchen an einem Nachmittag zu erwischen. Mein Wunschfund wurde erfüllt.

    Hier ein Männchen:

    Die Männchen erkennt man an dem fast geraden Hinterleib, der ein bißchen wie abgeschnitten wirkt.

    Die Weibchen haben einen oval endenden Hinterleib. Weibchen #1

    Weibchen #2


    Einen Tag später, am 11.10.2015 entdeckte ich bei uns an der Hausmauer einen Weberknecht direkt über dem Erdboden unterhalb einer Holzlatte - ungünstiger hätte der sich nicht für ein Foto platzieren können. Ich staunte am Foto nicht schlecht, als ich sah, dass der Weberknecht grün-gelb war.

    Steingrüner Zahnäugler - Lacinius dentiger, persönlicher Erstfund, Männchen
    http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Lacinius_dentiger
    Männchen werden 4,5 bis 6,6 mm groß, die Beine sind deutlich weniger lang als in der Gattung Leiobunum.

    Der Augenhügel tritt stark hervor und ist mit 4 Dornen bewehrt. Ebenso sind die Beinansätze mit vielen Dornen besetzt und der Körper mit in Reihen angeordneten, kurzen Dornen behaftet.

    Vor dem Augenhügel befindet sich eine Dreier-Formation von Dornen, ein sog. Dreizack, bei dem der mittlere Dorn besonders auffallend lang ist.

    Auf einer Wanderung am 13.10.2015 konnte ich auf einem Blatt wieder einen Steingrünen Zahnäugler finden. Ich finde diese Art echt attraktiv.


    Eine relativ häufige und hübsche Art ist der
    Gebirgs-Weberknecht - Mitopus morio
    http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?title=Mitopus_morio

    Die Art habe ich bisher als kontrastreich gefärbt gefunden; sie wird größer als die zuvor gezeigten Arten.
    Weibchen vom 17.09.2015

    Weibchen vom 12.10.2015


    Überaus zahlreich vertreten ist an unseren Hausmauern das
    Höhlenlangbein - Amilenus aurantiacus
    http://wiki.spinnen-forum.de/index.php?titl…nus_aurantiacus
    bei denen die Weibchen 3,5 bis 5,5 mm und Männchen 3,0 bis 3,5 mm klein bleiben. Im Herbst gefundene Exemplare sind noch subadult, die Tiere verbringen den Winter in Höhlungen und häuten sich im Folgejahr zum erwachsenen Tier. Erkennbar ist die art an der schwarzen Zeichnung, die von oben betrachtet wie ein Omega aussieht.


    Das war es erstmal von den Weberknechten.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

    Einmal editiert, zuletzt von Sabine Flechtmann (16. Oktober 2015 um 17:50)

  • Danke an die beiden Peters
    für das Lob. Gut aufgemerkt, Peter, es waren drei verschiedene Exemplare.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Liebe Sabine,
    da komme ich aus dem Staunen nicht heraus...
    Fotografiert habe ich schon einige Langbeine, aber noch keinen bestimmt.
    Das es so viele Arten gibt wusste ich gar nicht - und du hast ja nur einen Teil gezeigt -.
    Und das sie so tolle Zeichnungen haben sieht man auf den ersten Blick gar nicht.
    Da bin ich gespannt, was meine Schnappschüsse so hergeben.
    Auf jeden Fall ein Super Bericht!!!
    *****
    Liebe Grüße
    Sigurd

  • Liebe Sabine,

    an deinen ausführlichen Erklärungen und den großartigen Bildern habe ich eine Riesenfreude! Du kannst richtig spannend erzählen und dabei so viele interessante Informationen rüberbringen! :alright:

    Dass die Länge der Beine besonders beim Ziegelrückenkanker ein Hindernisgrund sein könnte, den Guten deutlich auf einem einzigen Foto unterzubringen, leuchtet absolut ein. Zum Glück gibt es hier ja genügend Platz für weitere Bilder von den langbeinigen Schönheiten. Die hast du wieder messerscharf und zudem mit wunderschönen Hintergründen zustande gebracht.

    Dein Ziegelrückenkanker ist für mich ein besonders hübscher Vertreter. Aber sehr gut gefällt mir auch dein dornenbewährter Steingrüner Zahnäugler. Ob ihm seine Dornen etwas nützen?

    Heute fahre ich wieder ins Rheintal. Dort könnten an unserer stets beleuchteten Hauswand auch wieder Weberknechte sitzen. Dank deiner Dokumentation freue ich mich nun besonders darauf. (Möglicherweise kann ich aber wieder ein paar Tage nicht online kommen...)

    Auch von mir unbedingt *****!

    Herzliche Grüße Rosmarie

    "Sollte man nicht überhaupt begeistert sein über die Welt, in der man lebt?" (Ausspruch von Kasimir hier im Naturforum)

    Einmal editiert, zuletzt von Rosmarie † (16. Oktober 2015 um 08:15)

  • Liebe Sabine,
    toll, Deine Fotos von den Weberknechten. Das ist eine richtige Werbeveranstaltung für die in der Gunst der Öffentlichkeit eher in der "zweiten Reihe" stehenden Weberknechte. Ich muss jetzt künftig doch ein wenig mehr auf diese Tierchen achten, um deren Vielfalt besser kennen zu lernen. Danke.
    Liebe Grüße
    Klaus

  • Hallo Sabine,

    diese Weberknechte sind wirklich vom Feinsten .. ultrascharf und beeindruckend :alright: ... und ich mag diese Spezies sowieso .. denn sie sind nützlich und auch bei uns manchmal in der Wohnung zu finden .. aber leider nicht so schön bunt! :cool:

  • Liebe Naturfreunde,
    über euer reges Interesse freue ich mich sehr und auch darüber, dass eine - wie Peter schreibt meist wenig beachtete - Tiergruppe vielleicht über diesen Weg etwas mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann.

    Sigurd: es gibt viel mehr Arten als die paar, die ich hier gezeigt habe. Wieviele Arten in ganz Deutschland nachgewiesen sind, weiß ich nicht. Nach Stand der Roten Liste 2003 für Bayern sind es allein in dem Bundesland 42 Arten. Also hohes Potential, selbst etwas Schickes zu finden.

    Rosmarie †: dass dir der Ziegelrückenkanker besonders gefällt, kann ich gut verstehen. Es geht mir genau so.

    Peter (Geofreund): innerhalb des Hauses haben Weberknechte eigentlich nichts verloren. Da hilft man den verirrten Viechern am besten, wenn man sie vorsichtig nach draußen befördert.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)


  • Liebe Naturfreunde,
    über euer reges Interesse freue ich mich sehr und auch darüber, dass eine - wie Peter schreibt meist wenig beachtete - Tiergruppe vielleicht über diesen Weg etwas mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann.

    Sigurd: es gibt viel mehr Arten als die paar, die ich hier gezeigt habe. Wieviele Arten in ganz Deutschland nachgewiesen sind, weiß ich nicht. Nach Stand der Roten Liste 2003 für Bayern sind es allein in dem Bundesland 42 Arten. Also hohes Potential, selbst etwas Schickes zu finden.

    Rosmarie †: dass dir der Ziegelrückenkanker besonders gefällt, kann ich gut verstehen. Es geht mir genau so.

    Peter (Geofreund): innerhalb des Hauses haben Weberknechte eigentlich nichts verloren. Da hilft man den verirrten Viechern am besten, wenn man sie vorsichtig nach draußen befördert.

    Hallo Sabine,
    ja, so habe ich das auch bisher immer gehandhabt, wenn ich einen Weberknecht bei uns mal an der Wand gesehen habe, was aber auch sehr selten vorkam. ;)

  • Hallo,

    ich bin ja von den deutschen Namen der Weberknechte fasziniert. "Höhlenlangbein", "Zahnäugler". :)
    Noch nie gehört. Ich kenne nur den Ausdruck "Haberhauer" als volkstümliches Wort für Weberknecht.

    Gruß Norbert

    Kein der Geometrie Unkundiger trete ein.(Platon)

  • Hallo Sabine und danke für diesen spannenden Beitrag!

    Ich habe regelmäßig Weberknechte im Haus und im Garten, sehr oft sitzen sie übrigens auf den Hortensien - keine Ahnung, wieso :D

    Mir war gar nicht bewusst, welche Vielfalt es da unter den Weberknechten gibt... ich muss in Zukunft mal mehr darauf achten!

    Liebe Grüße
    Stephanie

  • Lieber Norbert und liebe Stephanie,
    danke euch beiden für die Anmerkungen. Ja, die deutschen Namen sind schon lustig. Auf Hortensien habe ich noch nie Weberknechte beobachtet.
    Wenn mein Beitrag dazu anregt, sich diese Tiere künftig näher anzusehen, dann freut mich das.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

  • Lieber Meinhard,
    ach nee, das ist ja lustig. Danke für den Hinweis.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

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