Auf Anregung von Werner (werdie) stelle ich paar Grundlagen zum Fotografieren mit Systemkameras ein. Eingeschränkt können sie auch bei Kompakt- oder Bridgekameras angewendet werden, wenn diese Kameras die entsprechenden manuellen Eingriffe zulassen.
Viele Freizeit- und Naturfotografen denken, wenn ich mir eine Systemkamera kaufe, werden meine Bilder besser. Das ist aber ein Irrtum, denn gute Bilder macht der Fotograf und nicht die Kamera. ( Sagt der Koch zum Fotografen - "Du hast tolle Bilder gemacht, du hast sicher eine teure Kamera benutzr" Antwortet der Fotograf - " Dein Essen hat super geschmeckt, du hast bestimmt teure Töpfe benutzt")
Oft passiert es Umsteigern von Kompaktkameras zu DSLR oder DSLM, das ihre Bilder schlechter werden als vorher. Das liegt daran, das die Systemkameras wesentlich mehr Eingriffe und Einstellungen vom Benutzer verlangen und eben wegen der besseren Sensor- und Objektivqualität auch Fehler stärker wirksam werden. Will man den Schritt zur Systemkamera machen, muss man sich zwangsläufig mit den Grundlagen der Fotografie beschäftigen.
Hier sind die Tipps, die ich Werner zu seinen Bildern aus dem Thread: Kameratest :was hab ich da falsch gemacht ? per Mail geschickt habe:
Grundlagen der Fotografie mit digitalen Kameras: Welchen Effekt haben Blende, Zeit und ISO-Empfindlichkeit auf mein Bild.
Grundsätzlich regeln diese Parameter die Lichtmenge die auf den Sensor fällt. Je größer die Blendenöffnung ((Öffnungsverhältnis) => Blende Verhältnis Objektivdurchmesser zu Objektivbrennweite siehe folgende Beispieltabelle:
d.h. bei einem Objektiv 1:2,8 / 100 fällt bei offener Blende (2,8) 4x so viel Licht auf den Sensor als bei Blende 5,6.)
oder je länger die Belichtungszeit oder je höher die Sensorempfindlichkeit (ISO-Wert), desto mehr Licht fällt auf den Sensor. Je offener die Blende, desto kleiner die Schärfentiefe, wobei auch der Abstand zum Fotoobjekt als auch längere Brennweiten die Schärfentiefe verringern. Zu sehr sollte man die Blende aber nicht schliessen, sonst bekommt man ein Problem mit der Beugungsunschärfe an der geschlossenen Blende. Je kleiner der Sensor, desto mehr wirkt sich dieses Problem auf die Bildschärfe aus. Bei Kompaktkameras mit kleinem Sensor machen Blendenwerte kleiner 1:5,6 keinen Sinn. Bei größeren Sensoren (z.B. Nikon oder Canon DSLR mit Crop-Sensor (1,5-1,6)) ist max Blende 11-13 noch sinnvoll, kleinere Öffnungen nur in Sonderfällen. Sinnvolle Blende bei dem von Werner genutzten Nikon Objektiv wäre 8, bei Blende 5,6 müssten bei der Endbrennweite von 105 mm schon Einbußen bei der Bildqualität hingenommen werden (Kontrast, Schärfe). Das ist aber bei allen Zoomobjektiven mehr oder weniger der Fall. Qualitativ ist das 18-105mm von Nikon völlig OK, man kann damit richtig gute Bilder machen.
Letzter wichtiger Faktor für das Foto ist die Empfindlichkeit des Sensors. Je höher sie gestellt wird (mehr Verstärkung), desto mehr nimmt das Rauschen des Sensors zu. (Auch Abhängig von der Pixeldichte auf dem Sensor. Großformatige Sensoren haben in der Regel geringere Pixeldichten und rauschen weniger) . Bei der Nikon D5200 sollten aber Bilder bis ISO 800 keine Probleme machen und zudem ist ein wenig Bildrauschen besser als ein verwackeltes Bild.
Das war jetzt schon eine Menge Stoff und Möglichkeiten, Fehler zu machen aber es geht noch weiter. Für die Belichtungsmessung kann man die Matrixmessung verwenden, aber gerade bei Makroaufnahmen ist eine Mittenbetonte oder Spotmessung besser. Da gibt es aber auch je nach Kamera und Hersteller Unterschiede, was für den Einzelnen am besten ist, musst man ausprobieren.
Wichtig ist der Messpunkt für die Scharfeinstellung (Autofokus). Den darf man auf keinen Fall der Kamera überlassen (Automatik, alle Messfelder an), denn die Kamera weiß nicht, welches Objekt man scharf haben möchte.
Bei einer DSLR solltest man bei Aufnahmen aus der Hand grundsätzlich den Sucher nehmen, hier ist der Autofokus 10x schneller als der Autofokus über das Display. Bei Stativaufnahmen sollte man grundsätzlich den Autofokus abschalten (auch den Bildstabi wenn vorhanden abschalten) und über das Display am besten mit Display Lupe scharfstellen.
Und es gibt noch mehr Optimierungsmöglichkeiten. Bei einer Systemkamera (DSLR / DSLM) nutzt man die Fähigkeiten des Systems Sensor/Kamera/Objektiv nur zu 10%, wenn man ausschliesslich im jpg-Format fotografiert.
Es gibt die Möglichkeit, diese Kameras auf RAW und jpg Format einzustellen. Bei Bildern mit hohen Kontrasten oder problematischen Lichtverhältnissen (meistens bei Makros oder Landschaftsaufnahmen) bietet das RAW-Format eine großen Vorteil bei der Bildbearbeitung. Die ist beim Fotografieren mit einer Systemkamera unbedingt erforderlich, sonst nutzt man das Potential dieser Systeme nicht aus.
Vorteile RAW zu JPG ist schnell erklärt:
RAW-Formate bieten einen deutlich besseren Dynamikumfang und präzisere Helligkeitsstufen. Das bedeutet, dass die Übergänge zwischen weiss und schwarz feiner abgestuft sind.
- RAW mit 12Bit = 2 hoch 12 = 4.096 Helligkeitsstufen pro Kanal mit 14Bit = 2 hoch 14 = 16.384 Helligkeitsstufen pro Kanal
- JPEG mit 8Bit = 2 hoch 8 = 256 Helligkeitsstufen pro Kanal
Das führt bei RAW-Bilder zu einer deutlich besseren Durchzeichnung der hellen und dunkeln Bildteile. Man erhält besonders bei sehr schwierigen Lichtverhältnissen (grosse Kontraste, schlechtes Licht, Dunkelheit) mit dem Bearbeiten des „digitalen Negativs“ deutlich bessere Endergebnisse.
Zudem sind die RAW-Bilder unkomprimiert und der Weissabgleich kann nachträglich verändert werden.
Man sollte sich durch die vielen Informationen nicht Abschrecken lassen. Die Übung kommt mit dem Fotografieren und wenn man oft mit der Kamera unterwgs bist, automatisieren sich die Fähigkeiten. Das ist gut mit dem Autofahren zu vergleichen.
Hier noch ein paar Links mit denen man sein Wissen vertiefen bzw. nachschlagen kann.
Sehr empfehlenswert: http://www.striewisch-fotodesign.de/lehrgang/lehrg.htm
Vorteile von RAW: http://www.com-magazin.de/praxis/bildbea…mma-231686.html
Tipps zur Anschaffung einer Systemkamera (umfangreich): http://www.dslr-forum.de/showthread.php?t=111295
zum Thema Bildbearbeitung gibt es hier noch ein Gedanken zum wieso und warum: http://www.wzforum.de/forum2/read.php?8,1650291
es gibt im Netz immer wieder Diskussionen zu diesem Thema. Viele sagen ich bearbeite meine Bilder nicht, ich stelle nur unbearbeitete Bilder ein.
Diese Aussage besagt nur, das sie falsch ist. Jedes digitale Bild ist bearbeitet, denn schon der Prozess aus Licht digitale Informationen zu erzeugen und daraus ein Bild zu brechnen ist schon eine extreme Bearbeitung der Bildinformationen. Macht man mit verschiedenen Kameras ein Bild zur gleichen Zeit und an der gleichen Position, so wird genau so viele unterschiedliche Ergebnisse wie Kameras erhalten. Dafür ist die Firmware der Kamerahersteller verantwortlich, den hier werden die Bildinformationen zu einem Vorzeigbaren Bild bearbeitet.
wenn es noch Fragen zum Thema gibt, helfe ich gerne weiter
Dirk