Liebe Pilzfreunde unter den Naturfreunden,
heute kann ich euch - mit großer Freude - auch mal eine mykologische Rarität vorstellen. Am 02.11.2014 hatten wir mal wieder den Enkel zu Besuch und sind mit ihm im Stadtpark auf den Spielplatz gegangen. Meine Kamera hatte ich nicht mit. Der Spielplatz ist mit groben Holzhackschnitzeln ausgelegt, hinter der Kantholzumrandung waren die Hackschnitzel offenbar aus anderer Quelle, kleiner und meistens grün gefärbt - also vermutlich irgendein behandeltes Holz. Und hier fanden sich kleine Hundsruten, die mir ein großes Ohhhhhh, das ist was Seltenes entlockten. Es waren
Himbeerrote Hundsruten - Mutinus ravenelii (Berk.& Curt.) Fischer
Die größten Fruchtkörper hatten ungefähr eine Größe von 5 cm, aufgenommen mit dem Handy.
Am nächsten Tag sind wir mit der großen "Tüte" nochmal hingegangen, um weitere Aufnahmen zu machen. Diese kleinen Pilze sind recht vergänglich, auf dem letzten Foto sieht man am Hexenei ein Stückchen Blatt, am nächsten Tag war derselbe Pilz schon umgebogen.
Von der Gemeinen Hundsrute Mutinus caninus unterscheidet sich die Himbeerrote Hundsrute mit dem intensiv rosafarbenen Stiel. Auch die sporentragende Spitze ist leuchtend scharlachrot.
Geschätzt standen ca. 50 Fruchtkörper am Fundort, aber nur in einem kleinen Bereich von wenigen Quadratmetern.
Solche "liegenden" Pilzfotos sind eigentlich nicht so besonders hübsch. Viel schöner sehen sie aus, wenn man sie bodennah fotografieren kann und den stehenden Pilz sieht. Dazu müßte ich mich mit der großen Tüte aber auf den Boden legen. Schon seit geraumer Zeit liebäugle ich damit, mir für solche Aufnahmen einen Zweitfotoapparat zuzulegen mit Klappdisplay. Und ich habe es wahrgemacht und mir die Canon PowerShot G1 X zugelegt (mit Klapp-Schwenk-Display, zahlreichen Automatik-Modi und Fortgeschrittenen-Modi wie Zeit- bzw. Blendenautomatik). Entscheidend war, dass dieses Modell auch Aufnahmen im RAW-Format machen kann. Mit diesem Teil entstanden am 11.11.2014 die beiden nachfolgenden Fotos als Testaufnahmen.
Den Fund habe ich an den Bearbeiter der Roten Liste Schleswig-Holstein gemeldet. Die letzte Rote Liste von 2001 enthält die Himbeerrote Hundrute nicht, weil zu dem Zeitpunkt die Verbreitung in Schleswig-Holstein unklar war (pers. Mitt.). Es gibt nur einen älteren Fund der Art in SH vom Anfang der 1990er Jahre. Somit ist der Zweitfund für Schleswig-Holstein.
Die Art ist für Deutschland eine Neomycota-Art und wurde erstmals 1942 nachgewiesen. Heimat ist (wenn ich mich recht erinnere) Amerika. Wer noch nie den intensiv-ekligen Gestank einer Himbeerroten Hundrute gerochen hat, wird nie wieder behaupten, dass die Gemeine Stinkmorchel stinkt. In den gängigen Pilzbüchern wird die Art übrigens nicht erwähnt, nur im GERHARD ohne Abbildung.