Liebe Naturfreunde,
haben Vögel das besagte "Spatzenhirn" oder sind sie lernfähig? Von einigen Beobachtungen möchte ich berichten.
Da fällt mir als erstes ein Erlebnis ein, das mich an Alfred Hitchkocks Film erinnert. Es gab in Büronähe einen Käseladen, der gar köstlichste Käsebrötchen mit stark aromatischem Höhlenkäse machte. Auf ein solches hatte es der Rabe abgesehen. Ich hatte das Brötchen in der Hand und der Rabe ist immer wieder angeflogen und hat versucht, es mir wegzuschnappen. Fast hatte er es geschafft, ich konnte mich vor weiteren "Angriffen" nur dadurch wehren, dass ich das Objekt der Begierde wieder in die Tüte zurückstopfte. Der Rabe hat mich zwar noch einige Male (enttäuscht) umflogen, ist dann aber abgezogen.
Von meinem Schreibtisch aus kann ich wunderbar unseren Vogelkasten beobachten. Er hat schon Generationen von Meiseneltern und Spatzen als Nistplatz gedient. Manchmal zanken sich beide Arten lauthals um den Kasten. Meisen beobachten von sicherer Entfernung aus, ob sie unbemerkt das Nest anfliegen können. Ist alles frei, dann fliegen sie zielstrebig und scheinbar angstfrei auf den Kasten und verschwinden darin schneller, als man dies fotografieren könnte.
Dieses Meischen sammelt Futter für ihr Junges:
Die angeblich frechen Spatzen hingegen hängen ausgesprochen lange am Einflugloch und sondieren die Lage, bevor sie im Kasten verschwinden. Sie scheinen überaus vorsichtig zu sein, wenn sie Jungvögel haben. Hier ein Spatzenpärchen beim Sonnenbad:
Rotkehlchen scheinen starke Kulturfolger zu sein. Sie sind weitgehend angstfrei, hüpfen auf der Terasse herum, selbst wenn ein Mensch sich dort aufhält. Man kann sogar mit ihnen reden, ohne dass sie wegfliegen. Diese hier habe ich allerdings durchs Fenster fotografiert.
Neulich haben wir einen durchsichtigen Futterkolben aufgestellt. Er hat Sitzstangen und Öffnungen und ist für kleine Vögel wie Meisen oder Spatzen geeignet. Am ersten Tag hat ihn eine hungrige Amsel mehrfach vergeblich angeflogen. Sie stellte ihre Versuche ein, als sie merkte, dass sie an das Futter nicht herankam. Am nächsten Tag entdeckte sie die Terassenlampe, die ziemlich direkt neben dem Futterkolben steht. Auf der Spitze balancierend versuchte sie mit mehreren Anflügen, sich auf den unteren, körnergefüllten Teller zu setzen - erfolglos, weil die Amsel viel zu groß ist. Aber am dritten Tag hatte sie aus den Vortagen gelernt: sie hat sich auf den Teller "gequetscht" und den Flügel eng am Futterkolben angelegt. Mit dem nach außen freien Flügel flatterte sie so lange, bis sie endlich vom begehrten Futter einiges erhaschen konnte.
Im Oktober hatten wir ganz späte Brüter im Baum. Es wurde klar, als ich dieses Vogelei fand:
Völlig unbemerkt hatte eine Taube ihr Nest gebaut und fütterte nun ihr Junges. Als die Blätter zunehmend vom Baum fielen und man immer mehr vom Nest sehen konnte, hat die Taubenmutter argwöhnisch beobachtet, was auf der Terasse geschah. Solange ich sie unbeweglich beobachtete, hat sich weder Mutter noch Jungvogel bewegt. Als ich mich jedoch umdrehte, ist Mutter Taube sofort weggeflogen. Einfach unglaublich. Mit den vorletzten Blättern verschwanden auch die Tauben.
Ich denke, da geht einiges über ererbte Fähigkeiten hinaus. Einen sehr interessanten Sammelartikel über die Intelligenz von Vögeln gibt es hier.
Welche Beobachtungen habt ihr gemacht?
Liebe Grüße Sabine