Drei Fragen zu Nachtfaltern (und ihrer Haltung)

  • Hallo,

    die Fragen richten sich in erster Linie an die Schmetterlingskundler unter Euch und diejenigen mit Haltungserfahrung, der "Abgesang" am Ende dann an alle, denen damit geholfen werden kann.

    Lassen sich die verpuppten Individuen einer Falterart so durch Temperatur (und Feuchtig) "steuern", dass die Falter relativ zeitgleich (binnen eines oder zweier Tage) schlüpfen? Lassen sie sich auch verfrühen, so dass z. B. Orthosia gothica bereits im Hochsommer / zu Hetbstbeginn schlüpfen würde?

    Wie lange dauert es, bis aus den Eiern, die die erste Schlehen-Bürstenspinner-Genetation gelegt hat, Räupchen schlüpfen?

    Und nun zum Abgesang auf die weiter zunehmende sprachliche Inkompetenz der Medienlandschaft: Eier schlüpfen nicht, sie werden gelegt, und zwar befruchtet oder unbefruchtet, für ersteres ist das Weibchen in der Regel zuvor begattet worden. Aus Ihnen schlüpfen bei Vertebraten Jungtiere (Jungfische, -schlangen, -vögel (bzw. Küken) oder auch Larven bzw. Kaulquappen etc.), bei Insekten sind es Larven oder Nymphen, beinlose Larven heißen auch Maden, die Larven von Schmetterlingen bezeichnet man als Raupen, einige Käfer haben auch spezielle Bezeichnungen wie Engerling, Drahtwurm oder beim ersten Ölkäferstadium Dreiklauer. Larven häuten sich, in einigen Fällen zur Puppe. Die wiederum schlüpft nicht, sondern es schlüpft dann das adulte Insekt, die Imago. Jetzt steht es definitiv im Netz und keiner kann mehr sagen, dass man das nicht hätte wissen können.

    Viele Grüße

    Ziegelstein

    "Ah, connections, Son. That's the fateful key that Harriet missed, the key to understanding the natural world."

    Father Worm in "There's a Hair in My Dirt! - A Worm's Story" by Gary Larson.

    Edited once, last by Ziegelstein: Hab mich "verklammert" (May 10, 2025 at 1:01 PM).

  • Ich hatte ja den Schlehen-Bürstenspinner und das Kleine Nachtpfaugenauge hier und habe seine Entwicklung beobachtet. Allerdings habe ich keine Erfahrung wann nach der Eiablage die Räupchen schlüpfen, da ich sie erst in diesem Stadium eingesammelt habe.

    Lassen sich die verpuppten Individuen einer Falterart so durch Temperatur (und Feuchtig) "steuern", dass die Falter relativ zeitgleich (binnen eines oder zweier Tage) schlüpfen?

    Ich habe nichts manipuliert und sie sind innerhalb von ein bis zwei Tagen geschlüpft. (Es waren vier bis sieben Individuen).

    Lassen sie sich auch verfrühen, so dass z. B. Orthosia gothica bereits im Hochsommer / zu Hetbstbeginn schlüpfen würde?

    Ich denke, grundsätzlich wäre eine Manipulation kontraproduktiv, da viele Insekten auf bestimmte Pflanzen angewiesen sind und die dann noch nicht unbedingt da sind. Wie das bei Deinem genannten Beispiel der Fall wäre, kann ich nicht sagen, da ich mich nicht auskenne.

    Und nun zum Abgesang auf die weiter zunehmende sprachliche Inkompetenz der Medienlandschaft:

    Das kann ich vollständig unterstreichen! Sagen wir mal, von der Bildzeitung und ähnlichen Blättchen erwarte ich nichts anderes und es wundert mich nicht. Journalisten und den Lesern fällt das eh nicht auf. Aber von anderen Medien oder "Fach"foren erwarte ich schon etwas anderes.

    Viele Grüße

    Addi

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    "In den kleinsten Dingen

    zeigt die Natur

    ihre größten Wunder."

    Carl von Linné (1707 - 1778)

  • Hallo,

    noch eine kurze Erläuterung des wieso und weshalb. Ich betreibe verschiedenen Orts Leuchtfallen, bei denen die angelockten Insekten - von Prallscheiben und Trichter gelenkt - in einen Fangsack gelangen. Eben dort warten sie auf ihre Wiederfreilassung oder haben zwischenzeitlich andere Beschäftigungsmöglichkeiten. Z. B. die der Eiablage, wodurch ich an eine ganze Reihe von Eiern eben jener Orthosia gothica gekommen bin, aus denen Räupchen schlüpften, die fleissig wuchsen und sich mittlerweile zu Puppen gehäutet haben. Da ich schon immer mal testen wollte, welche "Reichweite" die Lockwirkung dieser Fall hat, stelle ich mir die Versuchsanordnung so vor: man nehme die Puppen einer Frühjahrsart (wie Orthosia gothica) und lasse sie später im Jahr schlüpfen (sofern möglich). Die Männchen verwendet man vorrangig für das Experiment, die Weibchen für die erneute Zucht. Den Männchen klebt man Nummernplättchen auf den Rücken, wie sie Imker zur Kennzeichnung der Königinnen verwenden, Farben kennzeichnen die Entfernung zur Leuchtquelle, Zehnerstellen kodieren die Himmelsrichtung, Einerstellen das Individuum, also beispielsweise gelb-11 ist Individuum 1, das 10 m nördlich der Leuchtfalle platziert wird, gelb-12 das zweite Individuum am gleichem Ort, blau-21 das erste Individuum, das 20 m nordöstlich der Falle platziert wird, rot-31 das erste 50 m östlich der Falle, grün-41 das erste 100 m südöstlich u. s. w.

    Da zu dieser Jahreszeit abgeerntete Felder als strukturarme Versuchsflächen existieren, dafür aber keine (die Männchen lockenden) Weibchen dieser Art in der freien Natur zu finden sind, ist mir daran gelegen, die Tiere synchron und zu früh (eben im Sommer oder Herbst) schlüpfen zu lassen.

    Viele Grüße

    Ziegelstein

    "Ah, connections, Son. That's the fateful key that Harriet missed, the key to understanding the natural world."

    Father Worm in "There's a Hair in My Dirt! - A Worm's Story" by Gary Larson.

  • Hallo, Ziegelstein, mann, du kannst Fragen stellen.

    Lassen sie sich auch verfrühen, so dass z. B. Orthosia gothica bereits im Hochsommer / zu Hetbstbeginn schlüpfen würde?

    Im Lepiforum hat man schon öfter bis oft von sog. "Treibzuchten" gelesen. Das bezog sich in der Regel auf die Zucht von Kleinschmetterlingen, die anstelle im Freiland in Innenräumen gezüchtet wurden. Die höheren Temperaturen führten zum Schlupf der Imagines zu einer Zeit, die von der Entwicklung in normalem Umfeld völlig abweichend war. Von Treibzuchten bei Großschmetterlingen habe ich da nichts in Erinnerung.

    Von Orthosia gothica habe ich Raupenbilder aus Juli mit den nachfolgenden Puppen aus August. Die Falter fliegen univoltin im Frühjahr. Ob die überwinternden Puppen vielleicht auch den Kältereiz für die Entwicklung brauchen, das weiß ich nicht. Dass du Orthosia gothica im Hochsommer zum Falterschlupf bringen kannst, halte ich für sehr unwahrscheinlich.

    Zu Orgyia antiqua: Einen Fund eines Eierspiegels konnte ich 2011 längere Zeit beobachten. Fund Eigelege am 14.03.2011, L1-Raupen am 26.04.2011.

    Liebe Grüße Sabine


    Ich verstehe nicht, dass wir unseren wunderbaren Planeten umbringen,
    aber zum unwirtlichen Mars fliegen wollen.
    Franz Viehböck (*1960, bisher einziger Weltraumfahrer Österreichs)

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