Fliege? Bremse? Ganz etwas anderes...?

  • Ich weiß, Fliegen sind ein schwieriges Thema... Aber diese fiel mir auf, weil sie so Besonders war (jedenfalls für mich...).
    Ich war heute Nachmittag unterwegs, Temperatur etwa 24° C, Leverkusen, lockeres Gebüsch am Wegesrand, ein wenig regnerisch, Größe vielleicht in etwa wie die der Roten Mauerbiene oder Gehöhrnten Mauerbiene oder auch etwas größer.
    Als ich sie von weitem sah, dachte ich, dass es vielleicht eine interessante Biene sei, Holzbiene oder so. Beim näheren Hingucken war ich der Meinung, dass es eine Fliege ist. Sie hat sich aber gar nicht "fliegenmäßig" verhalten... Ansonsten fliegen die Fliegen schnell weg und man muss sich ihnen sehr langsam nähern und kommt gar nicht so nahe heran, wie es mir hier gelungen war.
    Ich habe schon die einschlägigen Seiten durchgeblättert, habe aber noch nicht einmal eine Idee, wohin der Weg gehen könnte... Kann es auch eine Bremse sein?

    Ich fand ihre Flügel irre. Zunächst dachte ich, sie sei angefressen oder so. Aber anscheinend muss das so sein...? Oder ist sie nur deshalb nicht weggeflogen, weil die Flügel doch kaputt sind und sie gar nicht mehr fliegen konnte?! Aber dafür sähe "ein Schaden" zu gleichmäßig aus...

    Ich finde sie ganz schön haarig. Aus einer anderen Perspektive weiter unten, sieht man, dass sie auch vereinzelte lange Haare dazwischen hat.

    Hier sieht man die weißen Streifen im Nacken- und Brustbereich etwas besser. Ihr Gesicht finde ich auch spannend...

    Ihren Saugrüssel und die zwei orangen kleinen "Dinger" sind auch sehr neu für mich...

    Und die Zeichnung, wie zwei Hasenzähnchen...

    Hat jemand eine Idee?

    Viele Grüße
    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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    "In den kleinsten Dingen

    zeigt die Natur

    ihre größten Wunder."

    Carl von Linné (1707 - 1778)

  • Ja, die habe ich. Auch wenn der Hinterleib nicht ganz so "glänzt", wie ich es kenne, so sollte es sich um eine Totenfliege Cynomyia mortuorum handeln.

    Liebe Grüße
    Sabine II

    Solange es Menschen gibt die denken, dass Tiere nicht fühlen,
    müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken.
    (Noah)

  • Vielen Dank, Sabine @Natura . Ich habe gerade nachgeschaut, es fehlt tatsächlich der glänzende Hinterleib, der überall auf den Fotos zu sehen ist. Die erste Hälfte stimmt, die zweite Hälfte und die Flügelform nicht. Mmh... :91: Der unterschiedliche Hinterleib ließe sich vielleicht dadurch erklären, dass die Geschlechter unerschiedlich aussehen können (grundsätzlich bei den Insekten), vielleicht finde ich darüber noch Informationen... Aber die Flügel?

    Viele Grüße
    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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  • Es hatte ein wenig geregnet, bevor ich es sah. Vielleicht gibt es ja Tiere, die ihre Oberfläche durch Zusammenfalten der Flügel verkleinern, damit sie trockener aus der Sache heraus kommen... Ich weiß nicht, ob das eine abstruse Idee ist...
    Ich meine, Schmetterlinge legen die Flügel ja zumindest aneinander (warum machen sie das eigentlich...?) und sitzen nicht immer mit ausgebreiteten Flügel da. Aber zusammenlegen und zusammenfalten ist dann ja doch wieder ein Unterschied.

    Viele Grüße
    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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    Carl von Linné (1707 - 1778)

  • Wir hatten mal Kohlweißlinge, die sich in unserer Kapuzinerkresse auf dem Balkon verpuppt haben. Irgendwann sind sie dann alle geschlüpft, wobei sich bei einem die Flügel nicht richtig entfaltet haben. Das sah dann ungefähr so verbogen aus, wie bei dieser Fliege. Während die anderen Schmetterlinge schnell alle fortgeflogen waren, trudelte dieses Exemplar noch eine Weile hilflos durch die Gegend, ehe es das zeitliche segnete. Die Flügel haben sich nicht mehr gebessert. Da ist wohl irgendwas schief gegangen beim Schlupf...

  • Das würde zumindest erklären, warum sie mich in Ruhe fotografieren ließ und nicht, wie sonst "fliegenüblich", schnell das Weite suchte, sobald man zu nahe kommt oder sich zu schnell bewegt. Aber sie muss ja auch irgendwie dahin gekommen sein...

    Viele Grüße
    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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  • Geflügelte Insekten strecken ihre Flügel unmittelbar nach dem Schlupf. Sie haben nicht all zuviel Zeit dafür. Kurz nach dem Schlupf ist das Chitin noch weich und kann gestreckt werden. Dafür wird Flüssigkeit in die Adern der Flügel gepumpt. Durch den Druck strecken und entfalten sich die Flügel. Das Chitin trocknet aber nicht, wie man immer so schön sagt, sondern unmittelbar nach dem Schlupf werden einfach weitere Schichten Chitin angelegt. Der Flügel, ebenso wie der Körper, besteht einfach aus einer großen Zahl einzelner Schichten, die Schicht für Schicht übereinander gelegt werden. Nach ca. 1 Stunde +/- sind diese Schichten bereits so viele geworden, dass der Flügel so starr und steif wird, dass eine weitere Streckung nicht möglich ist. Dafür reichen Kraft und Druck einfach nicht aus. Wird das Insekt im Zeitraum der Streckung gestört, wird das Strecken auch unterbrochen, während das Chitin automatisch weiter an Dicke gewinnt, durch immer neue Schichten. Es kann aber auch durch "krankhafte" oder erblich bedingte Veränderungen, auch genetische Schwäche zustande kommen. Wenn das Insekt grundsätzlich nicht stark genug dafür ist, oder nicht in der Lage über einen längeren Zeitraum den nötigen Druck aufzubauen, wenn die Adern in die Flügel verstopft sind und so weiter und so fort.

    Die Tiere können dann nur krabbeln. Die Flugversuche wirken wie ein schwaches Hüpfen, da die Flügel zu nicht mehr taugen, wenn denn überhaupt. Da nicht normal lebensfähig, werden diese Tiere entweder schnell die Beute anderer, oder aber überleben per se nicht lange, weil sich zu viele Probleme ergeben, wie Organschwächen etc.

    Liebe Grüße
    Klaas

  • Vielen Dank, Klaas, für die ausführliche und hochinteressante Erklärung! Das lässt gut verstehen, wie so eine Flügelentfaltung vor sich geht. Für mich war es neu, dass nach dem Schlupf weitere Schichten angelegt werden (und so durchsichtig sind). Aber das erklärt natürlich den Stillstand der Entwicklung, wenn das Tier krank ist oder gestört wurde. Vor allem würde es mir erklären, dass die Flügelchen beide gleich aussehen. Wenn der Schaden von einem anderen Tier herrühren würde, wäre es sicher nicht so gleichmäßig. Aber mittels Deiner Erklärung ist das natürlich vorstellbar. Andererseits gibt es ja so viele verschiedene Flügelformen, dass ich auch diese nicht für unmöglich hielte.
    Aber das Verhalten der Fliege war so untypisch (sie flog ja nicht weg, ich konnte nahe an sie heran gehen und mir Zeit lassen), so dass es dann doch wohl eher auf ein Problem hinweist...

    Viele Grüße
    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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  • Ich kann mal versuchen, das an einem Beispiel zu verdeutlichen. Der Rosenkäfer, Cetonias aurata, hat metallisch glänzende Flügeldecken, bzw. glänzt der ganze Käfer metallisch grün (manchmal auch in anderen Farben). Metallische Färbungen kommen nicht durch Melanine zustande, wie beispielsweise die einzelnen Farben des Landkärtchens und vieler anderer Arten. Metallische Färbungen sind immer das Ergebnis von Lufteinschlüssen im Chitin (oder bei Schmetterlingen in den Schuppen der Flügel) durch die das einfallende Sonnenlicht entsprechend gebrochen wird. Die metallischen Färbungen verblassen deshalb auch nicht, so dass sie auch nach 100 Jahren in einer Sammlung aussehen, wie gestern erst gefangen.

    Wenn man dann mal Rosenkäferlarven findet und diese groß zieht, die Puppe kurz vor dem Schlupf aus dem Kokon heraus holt und dann dem Käfer zusieht, wird man erst mal sehen, dass ein unansehnlich heller braun gefärbter Käfer die Puppe verlässt, der sowohl seine Flügel, als auch seine Flügeldecken strecken muss. Wenn er diese gestreckt hat, kann man die weißen Flecken der Flügeldecken sehr gut erkennen, jedoch ist der Käfer ansonsten eher bräunlich gefärbt, mit einem silbrigen Metallschiller, der auf dem ganzen Tier liegt. Wenn man jetzt Zeitrafferaufnahmen machen würde, so jede Stunde ein Foto, könnte man sehen, wie das unschöne Braun mit diesem komischen, silbrigen Glanz langsam immer mehr ins Grüne wechselt und der silbrige Glanz mehr und mehr einem grünen Metallglanz platzt macht. Das ganze erstreckt sich über einen längeren Zeitraum von mehreren Tagen und erst nach etwa einer Woche sieht der Käfer so aus, wie wir ihn kennen. Das ist ein Ergebnis davon, dass immer weitere Schichten Chitin an den Flügeldecken angelegt werden, die auch immer mehr Lufteinschlüsse bilden, so dass es irgendwann zu einer Lichtbrechung kommt, die das bekannte Grün erzeugt (oder, wie man es von etlichen Exemplaren dieser Art aus dem Süden auch kennt, blau, rot, schwarz, lila, lila Kopf und Halsschild, grüne Flügeldecken).

    Liebe Grüße
    Klaas

  • Ganz tolle Erklärung, Klaas, danke!
    In dieser Phase, bis der Käfer sich dann ganz entwickelt hat, könnten Unkundige dann sicher auch meinen, dass sie da einen anderen Käfer gesehen haben oder ihn vergeblich in den einschlägigen Büchern suchen! Denn einen Hinweis auf diese Phase, geschweige denn Fotos habe ich bisher noch nicht in Bestimmungsbüchern gefunden (oder ich habe es überlesen...). :90:
    Auf jeden Fall hochinteressant! :alright:

    Viele Grüße
    Addi

    Viele Grüße

    Addi

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