Spannende Erklärung, Klaas. Die Evolution ist schon klasse, wie sie zwar langsam, aber passgenau reagiert.
Letzthin habe ich gelesen, dass z. B. die Fliegen mit ihren Facettenaugen "das nach ihnen schlagen" wegen genau dieser Art Augen so gut sehen können, Denn, wie auch immer, stellen sich die für uns schnellen Bewegungen bei ihnen wie Zeitlupe dar. Und von daher haben sie genug Zeit, auszuweichen. (aber das müsste ja eigentlich eher eine Gehirnfunktion sein...)
Wenn man sich dagegen langsam nähert, dann reagieren sie erst wesentlich später. Das mache ich mir beim Fotografieren zunutze. Meistens klappt es.Viele Grüße
Addi
Das Problem mit der Evolution ist, dass wir es alle falsch benennen. Die Evolution macht nicht. Bei der Paarung werden männliche und weibliche Zelle miteinander verbunden. Dabei wird nach gängiger Vereinfachung 50% der Gene von der Mama und 50% der Gene vom Papa miteinander vermischt. Es ist aber etwas komplizierter. Es sind wohl tatsächlich nur 45% der Gene von Mama und 45% der Gene vom Papa und 10% zufällige Mutationen. Jetzt zu sagen "Die Evolution probiert einfach aus!" wäre schon wieder die falsche Aussage. Es gibt einfach eine zufällige Mutation. Punkt. Die Natur entscheidet, ob diese Mutation überlebensfähig ist oder nicht. Bedeutet diese Mutation im Kampf ums Überleben weder einen Vorteil, noch einen Nachteil, bleibt sie im Genpool voraussichtlich erhalten, wird sich aber nur hier und da phänotypisch (also äußerlich sichtbar) bemerkbar machen. Bedeutet die Mutation einen Vorteil, überleben überdurchschnittlich viele der mutierten Lebewesen und verbreiten sich innerhalb einer gewissen Zeit unter der Art, bis die schwächeren +/- verdrängt sind. Das dauert aber etliche Generationen und ist abhängig davon, wie groß der Vorteil ist, wie groß das Areal ist, in dem die Art lebt und einiges mehr. Ist die Mutation ein Nachteil, ist auch die Sterblichkeitsrate ungewöhnlich hoch, so dass sich die Mutation nicht durchsetzen wird. Wird sie von Fressfeinden vernichtet, bevor die Mutation durch Paarung ihre Gene weiter geben kann, verschwindet sie aus dem Genpool genau so schnell, wie sie aufgetaucht ist.
Ein schönes Beispiel ist die menschliche Laktoseintoleranz, bzw. Toleranz. Kinder können grundsätzlich bis zu einem bestimmten Alter Laktose verarbeiten (verdauen). Irgendwo in der Pubertät entwickelt sich dann die Laktoseintoleranz. Wer gestern noch Laktose gut verdauen konnte, der hat heute spürbare Schwierigkeiten, die so massiv werden, dass man auf Milch und Milchprodukte eher verzichtet. In Nordeuropa, also den skandinavischen Ländern, hat sich irgendwann eine Mutation gebildet, die in der Lage war auch nach der Pubertät Laktose zu verdauen. Das Ergebnis war, dass diese Mutationen bei Nahrungsknappheit weniger gelitten haben, weil sie in der Lage waren Milch und Milchprodukte zu essen. Während also die Laktoseintoleranten in extremen Situationen verhungert sind, konnte die Laktosetoleranten durch die zusätzliche Ernährungsmöglichkeit überleben. So hat sich die Mutation Laktosetolerant gegenüber der Laktoseintoleranz durchgesetzt und ist langsam nach Süden gewandert. Nachvollziehen kann man das auf dem Wege, dass die Urskandinavier, also Skandinavier, Norweger und Schweden annähernd zu 100% laktosetolerant sind und sich diese Menge nach Süden reduziert. Je weiter man nach Süden kommt, desto weniger Laktosetoleranz ist zu finden. Das geht so weit, dass das Gen der Laktosetoleranz in Afrika nicht angekommen ist und dort die meisten Menschen laktoseintolerant sind.
Anderes Beispiel ist die Bluterkrankheit. Die wirkt sich negativ aus und könnte ohne die moderne Medizin nicht überleben. Bluterkranke sind noch weit bis ins 20. Jahrhundert lange vor Erreichen der Geschlechtsreife an ihrer Krankheit gestorben. Da die europäischen Königshäuser gewissermaßen Inzest betrieben haben, hat sich innerhalb der Königshäuser die Bluterkrankheit ungewöhnlich stark ausgebreitet. Erhalten konnte sie sich nur deshalb, weil sie phänotypisch erst aktiv wird, wenn sowohl die Mutter, als auch der Vater das Gen der Bluterkrankheit weiter geben. Es existierten also in den Königshäusern verhältnismäßig viele, deutlich mehr, als in der übrigen Bevölkerung, die zumindest auf einem Genom mit der Bluterkrankheit belastet waren. Wenn nun zwei davon geheiratet und Kinder gezeugt haben, war die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass dabei Bluterkranke hervorkamen. Das Gen ist nicht ganz verschwunden, aber es kann sich nicht behaupten und wird im Genpool immer weiter unterdrückt. Es hätte allerdings etliche Jahrhunderte, möglicherweise auch Jahrtausende gedauert, bis es aus dem Genpool tatsächlich verschwunden wäre.
Über die Fliegen wird immer gesagt, dass sie die Bewegungen wie in Zeitlupe wahr nehmen. Ich bin mir nicht sicher, ob die Wissenschaft das wirklich so sagt. Ich würde denken, dass Fliegen, dadurch, dass sie sich mit deutlich größerer Geschwindigkeit bewegen (fliegen), als wir, ein sehr viel empfindlicheres Nervensystem haben, dass sich vor allem auf Geschwindigkeit spezialisiert hat. Sie müssen schnell reagieren, um nicht gegen Wände zu fliegen. Und das, obwohl Wände sich nicht bewegen. Sie müssen also eine Wand als Gefahr erkennen, obwohl die Bewegung fehlt. Ich glaube eher nicht, dass Fliegen in Zeitlupe sehen, sondern einfach in der Lage sind Geschwindigkeit sehr viel besser als wir zu verarbeiten. Du kommst bei langsamer, gleichmäßiger Bewegung nur deshalb näher an Insekten ran, weil sie die langsame Bewegung nicht als Gefahr definieren. Wer sich nur mit 0,5 km/h bewegt, kann für mich, der ich 50 km/h schnell fliegen kann, kein Risiko darstellen, solange ein gewisser abstand eingehalten wird. Das nennt sich "Fluchtdistanz". Solange Du diese nicht unterschreitest, wittert die Fliege auch keine Gefahr. In dem Moment aber, wo z.B. Dein Schatten auf die Fliege fällt, registriert sie, dass die gedachte nicht Gefahr, wohl entweder deutlich größer ist, als bisher gedacht, oder aber die Fluchtdistanz unterschritten haben muss, da sie ja einen Schatten auf mich wirft, und flüchtet. Die Erklärung mit der Zeitlupe erscheint mir aber so plastisch, dass sie verständlicher ist, als meine Erklärung. Das ist wie mit Zahlen. 1.000.000 L Wasser kann sich keiner von uns vorstellen, bis wir sie z.B. in Form von 1.000.000 Millionen Wasserflaschen á 1 L vor uns sehen.
Liebe Grüße
Klaas